Auf dem Tanelorn-Treffen hatte ich bei der von „mieser Wicht“ geführten Malmsturm-Runde großen Spaß. Den Großteil der Zeit haben wir damit verbracht, eine Befestigungsanlage gegen unendliche Horden von Untoten zu halten. Es war ein epischer Fight, der ganz großartig von Orko in einem Gedicht (!) als Diary beschrieben wurde.

Im Anschluss haben wir darüber diskutiert, welche Vor- und Nachteile die von „mieser Wicht“ gewählte Abbildung der Schlacht hatte. Seitdem habe ich noch etwas mehr über dieses Szenario nachgedacht. Alles, was im Folgenden geschrieben steht, baut auf dem von „mieser Wicht“ genutzten Modell für Massenschlachten und dem Gespräch mit ihm und den anderen Teilnehmern der Runde auf, denen hiermit ganz herzlich gedankt sei. Ganz nebenbei erwähnt, es war eine epische Runde!

„Es mag der Tag kommen, an dem wir nüchtern nach Hause gehen müssen. Aber dieser Tag wird nicht heute sein!“
– Falke356

Zielsetzung

Die Charaktere sollen in einer Schlacht rocken können. Dabei müssen Sie taktische Entscheidungen treffen und sollen zusammenarbeiten. Die Schlacht soll zudem in einem engen Zeitfenster abgehandelt werden. Es soll möglichst spannend sein und evtl. sogar gefährlich für die individuellen PCs.

Reduktion auf eine Handlung pro Runde – mit Unterstützung

Die schrecklich Meute sie prallte gegen der Helden Schild
Und mit gewaltigem Schlag schlug man die Gegner zurück
Doch am Horizont kam neuer Schrecken entgegenrückt
Ein Untier wie vier Mann in totem Fell und Augen rot und wild
Ein Kampf entbrannte, das Schicksal der Welt zu retten gewillt
Die Helden schlussendlich Untier und Heer unter sich zerdrückt
– Orko

Das im Folgenden dargestellte Modell hat „mieser Wicht“ gewählt. An sich reduzierte er damit den Kampf auf eine vergleichende Probe, die ein PC nach Wahl der Spieler durchführte. Alle anderen PCs konnten vorher durch Manöver frei nutzbare Aspekte generieren.

Beispiel: Lendard macht einen Ausfall. Er würfelt auf Nahkampf und kann die Aspekte „Sichtschutz durch Qualm“, „Deckungsfeuer“ und „Brandpfeile“, die seine Mitspieler erzeugt haben, kostenlos nutzen.

Gegen ihn würfelt der abstrakt zu einem Charakter zusammengefasste Gegner, die Differenz wird als Stress verbucht. Der von der Spielergruppe erzeugte Stress senkt für alle 5 Punkte erzeugten Stress den Angriffwert des Gegners um 1. Damit wird die verringerte Zahl der Gegner abgebildet. Der Stress zu Lasten der Spieler schlug auf alle Spieler durch. Siegte also der Gegner mit einem Erfolg von vier, erhielt jeder PC vier Punkte körperlichen Stress. Eine Karte kommt nicht zum Einsatz, die eingesetzte Fertigkeit und die geschaffenen Manöver erzählen, was auf dem Schlachtfeld passiert. Das konkrete „wo?“ bleibt offen.

Vorzüge:

  • Definitiv episches Gefühl, auch durch die extrem hohen erzielten Werte der Würfe. Die Gegner griffen z.B. anfangs mit +12 an.
  • Schöne Szenen, die durch die gemeinsame Erzeugung der Aspekte und deren Ausnutzung geschaffen wurden

Nachteile:

  • Keine erkennbare zeitliche Grenze
  • Deutliche Bevorzugung von kampforientierten Charakteren – auch weil diese mehr körperlichen Stress vertragen haben
  • Reduktion des Konfliktes auf die physische Ebene
  • Gewisser Zwang zur Wiederholung – irgendwann wird es schwer, sich mit der Fertigkeit „Täuschung“ noch eine neue Anwendung auszudenken – mit Nahkampf hat man das Problem nicht, da die Anwendung immer gleich ist. Dennoch kann auch hier zu viel Wiederholung ermüdend wirken.
  • Kaum taktische Optionen: Was man genau tat, blieb ohne Auswirkungen. Faktisch kam es nur auf die Höhe des Wurfes an. Deshalb gab es eine starke Fokussierung auf die jeweils besten (also in der Pyramide am höchsten eingeordneten) Fertigkeiten. Dieses Problem verschärfte sich dann noch, als der Mindestwert für die Erzeugung eines Aspektes durch ein Manöver von drei auf fünf stieg. Insbesondere unser Magier, der Zaubern nur auf +2 hatte, konnte danach seine Magie faktisch nicht mehr einsetzen.

Einheiten des Feindes als Miniongruppen zusammenfassen

Anders als im Beispiel oben, wo ja der gesamte Gegner zu einem Charakter zusammen gefasst wurden, meine ich damit eine größere Anzahl (vielleicht fünf, oder Gruppengröße+2) von gegnerischen „Einheiten“ oder „Monstern“. Diese können einzeln angegriffen werden und wandern auch auf der Karte herum, um die Variabilität der taktischen Situation zu erhöhen. Dazu gehört dann auch eine in Zonen eingeteilte Karte.

Beispiel: Trolle mit Rambock

Aspekte: „Trolle sind stark“, „Trolle sind zäh“, „Trolle sind dumm“

Nahkampf +2, Steine Werfen+1, Ausdauer +2, Entschlossenheit +1, Rambock +3, Beleidigen+1

Körperlich: OOOOO OO
Mental: OOOOO O

Die Trolle versuchen, das Tor zu erreichen und zu durchbrechen. Sie beginnen mit einem Fatepunkt und können vier Konsequenzen nehmen, bevor sie fliehen.

Vorzüge:

  • Stärkeres taktisches Vorgehen (räumliche Dimension)
  • Individuelle Stärken der Einheiten („Wir dürfen nicht zulassen, dass die Trolle das Tor erreichen! Das hält es nicht aus!“ „Die Bogenschützen sind schlecht im Nahkampf“). Sie könnten z.B. über Distanzangriffe, Magie, Belagerungsmaschinen, etc. verfügen.

Nachteile:

  • Zwang zur Zusammenarbeit sinkt
  • Immer noch keine zeitliche Begrenzung

Unklar bleibt, ob Charaktere, deren beste Fertigkeiten nicht kampforientiert sind, in diesem Setup glänzen können.

Zeittrack

„Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen“
— Wellington

Der Zeittrack ist eine Modifikation für die anderen Szenarien, keine eigene Lösung. Ich stelle mir vor, dass die Schlacht eine zeitliche Komponente bekommt (haltet das Tor, bis Verstärkung kommt).

Technisch könnte man einen Zeittrack haben, der z.B. 5 Kästchen umfasst. Bis dahin muss etwas entweder geschehen oder verhindert worden sein. Jede Runde wird ein Kästchen abgestrichen. Evtl. kann eine besondere Leistung – vielleicht ein besonderer Erfolg – ein zusätzliches Kästchen erzeugen.

Vorzüge:

  • Ende ist erkennbar
  • Keine Würfelorgie
  • Spannung durch Zeitkomponente

Nachteile:

  • Zusätzliche, in-game zu rechtfertigende Meta-Komponente (das empfinde ich persönlich nicht als Nachteil, aber natürlich könnte man das)
  • „Schaffbarkeit“ der Herausforderung für SL schwieriger zu kalkulieren.

Im Ergebnis kann man diese Lösung z.B. mit der von „mieser Wicht“ gewählten Methode kombinieren. Damit erhält die Schlacht ein natürliches Ende nach einer festen Anzahl von Runden und gleichzeitig ein weiteres Spannungsmoment. Als problematisch empfinde ich lediglich, dass es schwer vorherzusagen ist, wie groß die Chance der Gruppe ist, innerhalb des Zeitlimits den entsprechenden Erfolg zu erzielen.

Verteidigungsanlagen als Charakter

Im von „mieser Wicht“ erdachten Szenario gab es einen Palisadenwall und ungesicherte Öffnungen, in denen sich die Soldaten ohne Schutzwall verteidigen mussten. Denkbar wäre es aber jedenfalls auch, Verteidigungsanlagen Werte zu geben, z.B. so:

Palisadenwall mit Wachsoldaten

Aspekte: „geschützt“, „überlegene Position“, „knappe Munition“

Verteidigen +2, Ausfall+1, Bogenschützen +2, Entschlossenheit +1, Ausdauer +3, Einschüchtern+1

Körperlich: OOOOO OOO
Mental: OOOOO O

Ein Palisadenwall hat anfangs einen Fatepunkt und kann zwei Konsequenzen nehmen, bevor er fällt.

Vorzüge:

  • Klare Werte, eindeutig eintretende Siegbedingungen

Nachteile:

  • Vielleicht besser als „Gegner“ geeignet, könnten aber auch auf der Seite der Verteidiger kämpfen.

Heldengruppe als Gesamtcharakter

Eine Idee, die ich aus Diaspora entnommen habe: Alle PCs in einen Gesamtcharakter zusammenfassen und aus den besten Werten der einzelnen Charakteren eine eigene Pyramide bauen. Damit werden Gegner und Heldengruppe auf jeweils eine Handlung pro Runde reduziert und die Werte müssen nicht nach oben skaliert werden – ein Angriff von +5 bleibt „großartig“, statt mit Werten wie +12 hantieren zu müssen, wie es „mieser Wicht“ tat. Dieser Ansatz kann mit den anderen Ideen oben kombiniert werden, insbesondere mit den Verteidigungsanlagen als Charakter, Zeittrack und Miniongruppen.

In jeder Runde wird auf der „Erzählebene“ viel gemacht, jeder Charakter handelt. Mechanisch wirkt sich aber nur die eine Handlung des Gesamtcharakters aus.

Vorzüge:

  • Wenige Handlungen pro Runde
  • perfekter „Sitz“ des Systems
  • Erfahrungen von SL und Spielern im regulären Kampf können 1:1 übernommen werden

Nachteile:

  • Wenig Raum für Manöver
  • Sehr erzähl-lastig, kaum Unterstützung durchs System (Aspekte werden wohl selten als Aktion erzeugt)
  • große Nähe zum regulären Kampf, wodurch das Besondere der Schlacht verloren gehen könnte (also eigentlich mechanisch langweiliger als der reguläre Kampf).

Auch hier kann wieder mit den anderen Methoden kombiniert werden.

Abstraktion nach Art des Social Combats von Diaspora

Den sozialen Kampf aus Diaspora habe ich bereits ins Deutsche übersetzt.

Eine Karte könnte so aussehen:

Schlacht als Sozialer Kampf

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Vorzüge:

  • automatische Dramaturgie
  • gute Unterstützung eines erzählspielerischen Ansatzes

Nachteile:

  • hoher Abstraktionsgrad

Platoon Combat nach Diaspora

Die Regeln für den Platoon Combat sind noch auf Englisch.

Vorzüge:

  • sehr brettspielig
  • Einbindung der PCs
  • gute Skalierung

Nachteile:

  • sehr brettspielig
  • Anpassungsbedarf auf andere Settings als SciFi

Fazit:

Aus den Erfahrungen der Spielrunde würde ich heute zu einer in Zonen aufgeteilten Karte greifen, Wall und Tor (und evtl. einen Turm) der Verteidigungsanlagen als Charakter abbilden, (Anzahl PCs+2) Gegner(haufen) als Char erzeugen und einen Zeittrack nutzen. Die Spieler können sich entweder einer der Einheiten anschließen (gibt +1 auf jede Fertigkeit, die der PC besser kann als die Einheit, es würfelt die Einheit/Alternativ können die Minionregeln aus Malmsturm verwendet werden) oder individuell agieren. Allerdings würde es mich auch sehr reizen, den Platoon Combat von Diaspora auszuprobieren!

Zur Diskussion im Forum

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Frage: Wenn ich einen 1-Runden Zauber sprechen möchte und eine Initiative von 18 besitze, kann mein Zauber schon gestört werden, wenn ich vor meiner Initiative getroffen werden? Antwort: Nein. Im Kapitel „Kampf“ unter „Handlungen“ steht geschrieben: „Für Handlungen gilt die allgemeine Regel, dass sie bei dem Initiativewert beginnt, wenn der Charakter anfängt zu Ha...

Rollenspiel Karneval

Rollenspiel Karneval

Anlässlich des Januarthemas des Rollenspielkarnevals „Verkleiden, Lügen & Täuschen“ habe ich mir ein paar Gedanken zum Thema Lügen und Täuschen in FATE gemacht.

Ich sehe im Wesentlichen drei Möglichkeiten, die Täuschung mechanisch umzusetzen (Ich beziehe mich für die Beispiele auf Dresden Files als Regelwerk).

  1. Einfache Probe: Täuschen gegen eine feste Schwierigkeit
  2. Wettstreit: Eine Probe gegen einen Verteidigungswurf
  3. Täuschen als Manöver: Das Erzeugen eines Aspekts
  4. Sozialer Konflikt: Täuschung als Niederlage

1. Einfache Probe: Täuschen gegen eine feste Schwierigkeit

Ich stelle mir das Vorgehen so vor: Es sind gute Wachen, also muss gegen „gut“ (+3) gewürfelt werden. Die Zahl der erreichten Erfolge wird genutzt, um auf der Zeitskala zu bestimmen, wie lange das Opfer der Täuschung glaubt. Erreicht meine Probe also genau die nötige +3, so glaubt mir die Wache „einen Moment“, schaffe ich eine +4, dann „ein paar Augenblicke“.

2. Wettstreit: Täuschen durch eine Probe gegen einen Verteidigungswurf

Man könnte die Täuschungshandlung aber auch so gestalten: Der PC würfelt auf „Deceit“, das Ziel der Täuschung auf „Alertness“, „Empathy“ oder ähnliches und es wird verglichen, wer die Probe besser schafft – ein Gleichstand geht an den Verteidiger – die Erfolge könnte man wiederrum für die Zeitskala verwenden. Evtl. sollte man aber jetzt mit einen einzelnen Erfolg mit „eine Minute“ gleichsetzen, da der Verteidiger wohl eher höhere Werte haben dürfte.

3. Täuschen als Manöver: Das Erzeugen eines Aspekts

Als Variante von Vorschlag 2 könnte – durchgeführt als Wettstreit – die Täuschung auch als Manöver betrachtet werden. Bei Erfolg hat das Opfer den Aspekt „getäuscht“ (oder ähnlich) auf sich liegen. Um es dann zu einer Handlung im Sinne der Täuschung zu „zwingen“, müsste man den Aspekt dann reizen (compel). Natürlich kann der Aspekt – wie sonst auch immer – für alle anderen Zwecke verwendet werden.

4. Sozialer Konflikt: Täuschung als Niederlage

Die große Lösung – für eine alles bestimmende Täuschung im Endkampf z.B. – bietet es sich an, die Täuschung als sozialen Konflikt (Kampf) auszugestalten. Hier würde also richtig in Kampfrunden gehandelt, mit Manövern, Angriffen, Blocks – die ganze Bandbreite der Kampfregeln von FATE können genutzt werden. Getäuscht ist der Verteidiger erst dann, wenn er den Kampf völlig verliert, aufgibt oder (selber) eine geeignete Konsequenz wählt, die dann wie unter 3. genutzt werden kann.

5. Die richtige Lösung

gibt es – wie immer bei FATE – nicht. Jeder der oben vorgeschlagene Lösungswege ist zulässig und kann der richtige sein. Geordnet sind die Ansätze nach dem „Detailgrad“, also nach dem Fokus den die Täuschung im Spiel haben soll. Um sich eben an einer gelangweilten Stadtwache vorbeizulügen ist der erste Vorschlag sicherlich am sinnvollsten. Soll die Täuschung schon eine wichtige Rolle spielen, dann bietet sich Vorschlag drei an – mit dem Aspekt kann man viel erreichen und das Opfer ausführlich manipulieren. Vorschlag vier ist nur für dramatische Schwerpunkte geeignet, da hier viel Zeit vergeht, bis das Ergebnis feststeht.

Anmerkungen?

 

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Tatsächlicher Zeitaufwand

Wenn du eine Probe durchgeführt hast, kannst du entscheiden, ob du Erfolgsstufen verwenden willst, um die Handlungszeit zu reduzieren. Jede Stufe, die du hierfür verwendest, verringert die Basiszeit um einen Schritt.

Wenn dir eine Probe misslingt, bedeutet das nicht unbedingt, dass du völlig versagst. Der SL kann auch erlauben, dass du einfach länger brauchst, um die Aufgabe abzuschließen.

Die benötigte Zeit steigt für jede Stufe, um die du den Schwierigkeitsgrad der Probe verfehlt hast, um einen Schritt. Du kannst diese Option nicht verwenden, um die Erfolgsstufen einer Probe zu erhöhen.

Bsp: Ein Schloss zu knacken dauert eigentlich nur eine halbe Minute. Da aber deine Probe um zwei Erfolge misslungen ist, dauert es ein paar Minuten, bis du die Tür öffnen kannst.


Dauer

Augenblick
Ein paar Augenblicke
Eine halbe Minute
Eine Minute
Ein paar Minuten
15 Minuten
Eine halbe Stunde
Eine Stunde
Ein paar Stunden
Ein halber Tag
Ein Tag
Ein paar Tage
Eine Woche
Ein paar Wochen
Ein Monat
Ein paar Monate
Ein Quartal
Ein halbes Jahr
Ein Jahr
Ein paar Jahre
Ein Jahrzehnt
Ein Leben lang
Ein Jahrhundert
Ein paar Jahrhunderte

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Enkidi hat für FreeFATE auf deutsch eine eigene Seite gestartet, auf der das SRD frei abrufbar ist. Zudem hat Sie gefragt, ob Interesse an einer dritten Auflage des gedruckten Regelwerks besteht (der Download ist natürlich weiterhin kostenlos, aber Papier ist am Spieltisch schon praktischer…). Dazu braucht sie noch ein paar Besteller, damit der Preis nicht so sehr hoch ist. Bei Interesse kann man sich im Bestellthema im Tanelorn melden oder, falls man im Tanelorn nicht angemeldet ist, sie direkt anschreiben.

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Der Beitrag ist eine Übersetzung von „Stress, Consequences, and the Fractal“, den Fred Hicks am 02. Februar 2011 auf Faterpg.com geschrieben hat.

Heute werde ich tiefer in die Begriffe „Stress“ und und „Konsequenzen“ in Fate einsteigen und darüber sprechen, wie das Prinzip des Fate-Fraktals dazu genutzt werden kann, das Modell zu verkomplizieren – aber auf eine gute Art und Weise.

Ein paar Worte über Stress

Eigentlich sind Konsequenzen das spannende am System – weil es sich um Aspekte handelt. Aber um zu den Konsequenzen zu gelangen, müssen wir über Stress sprechen.

Also, was ist Stress nun wirklich?

Aus der Sicht des Systems ist Stress ganz einfach ein Mechanismus zur Steuerung des Tempos (das gilt genau so für die Hitpoints/Lebenspunkte bei D&D). Es ist eine Art zu messen, wie lange ein Charakter in einem Kampf bestehen kann und damit eine Art zu bestimmen, wie lange ein Kampf dauert.

Ich kann nicht überbetonen, dass von der Länge einer Kampfszene abhängt, welche Erfahrungen die Spieler machen. Systeme, in denen Kämpfe sehr plötzlich und brutal mit einem einzigen Schwerthieb vorüber sein können fühlen sich „härter“ „gefährlicher“ oder auch „zu kurz“ an. Systeme bei denen Charaktere hingegen eine unglaubliche Menge an Gewalt ertragen können, bevor sie zu Boden gehen, fühlen sich „cinematischer“, „actionlastiger“ oder „zu langsam“ an (definitiv ein Thema bei Spirit of the Century mit den fünf bis acht Stresskästchen).

Aber selbst wenn die Konsequenzen ins Spiel kommen, entscheidet die Länge des Stressbalkens über die Geschwindigkeit. Ohne noch Platz auf dem Stressbalken zu haben nützt es auch nichts, wenn man einen Angriff, der sieben Punkte Stress verursacht, mit Konsequenzen auf einen Stresspunkt reduziert.

Verallgemeinernd kann man also sagen, dass die Länges des Stressbalkens beschreibt, wie viele Schläge ein Charakter einstecken kann, bevor er zu Boden geht. Natürlich kann man daran noch feilen; wenn man das Rüstungs- und Waffensystem von Dresden Files übernimmt, kann man die Effektivität der einzelnen Kästchen erhöhen – oder verringern. Ein schwererer Schlag hat weniger Stellen, die er auf dem Balken belegen kann als ein schwacher Schlag, wenn der Balken schon zum Teil gefüllt ist. Zudem kann man zwischen dem Normalfall – das ein Schlag ein bestimmtes Kästchen füllt – oder dem der Variante, dass auch alle niedrigeren Kästchen gefüllt sind, spielen. Selbst eine Verwendung als klassische Hitpoints ist denkbar, aber am Ende handelt es sich um eine Entscheidung zum Tempo, nämlich wie viel von der für einen Kampf maximal vorgesehenen Zeit verbraucht wird, wenn jemand einen Treffer landen kann.

Countdown zur Konsequenz

So betrachtet, nämlich als knappes Gut, als rückwärtszählende Uhr, ist der Stressbalken die Stelle, an der der Spieler Spannung empfinden wird – oder eben auch nicht. Deshalb ist es schon eine Kunst, den Stressbalken richtig zu gestalten und es sollte ausgiebig im Spiel in verschiedenen Varianten getestet werden, ob der Stressbalken zu dem passt, was mit der bestimmten Umsetzung von Fate erreicht werden soll.

Aber eigentlich ist der Stressbalken als Countdown ziemlich langweilig. Er macht genau eine Sache: Er zählt rückwärts. Egal wie man ihn gestaltet, er leistet keinen eigenen Beitrag. Erst zusammen mit den Konsequenzen knallt es so richtig.

Auch Konsequenzen sind Mechanismen zur Steuerung der Länge eines Kampfes – aber nicht nur. Sie sind aber eben eine endliche Größe, und wenn sie verbraucht wurden, ist der Kampf zu Ende. Eine Stellschraube ist, wie viel Stress eine Konsequenz absorbiert. Nehmen wir den Standard von -2/-4/-6 und der Charakter kann einige harte Schläge wegstecken – es wird nur sehr wehtun. Zugleich wird damit festgelegt, wie hoch der größte denkbare Angriff ist, den der Charakter überleben kann. Wenn er nur eine Konsequenz pro Angriff verwenden kann, dann ist dies im Beispiel (Länge des Stressbalkens + 6). Wenn er mehrere Konsequenzen einsetzen kann, dann steigt dieser Wert natürlich. Je höher die Menge des Stresses ist, die eine Konsequenz absorbiert, desto zäher werden die Charaktere – aber nachdem sie eine Konsequenz genommen haben, sind sie erheblich eingeschränkt. Verletzungen aus der Vergangenheit werden sie wieder einholen können. Dennoch gilt, dass die höchste Nummer des maximal überlebbaren Schadenes eine wichtige Größe dabei ist, festzulegen, wie cinematisch das Gefühl des Spiels ist (aber im Sinne von „Stirb langsam“, nicht von „Die drei Musketiere“).

Bei Spirit of the Century (SOTC) wollten wir, dass unsere Helden praktisch alles überstehen – nur in Situationen, in denen sich alles gegen sie wendet, sollten sie auch fallen können. Ehrlich gesagt haben wir übertrieben: Eine Basis von fünf Kästchen, erweiterbar auf mindestens acht – das war zu lang. Zudem hatten wir uns noch nicht auf die -2/-4/-6 Methode geeinigt, stattdessen gab es eine Konsequenz (von Mild über Schwer bis „Aus dem Kampf“) für jeden Stress, der nicht auf dem Balken unterzubringen war. So haben wir die Leute von dem Spaß (Konsequenzen) weggeleitet und Treffer entwertet, die sich nicht auf dem Stressbalken unterbringen ließen („Ich treffe für fünf!“ „Oh, er hat keinen Platz mehr auf dem Stressbalken, dass bedeutet, dass er nur zum ersten Mal eine milde Konsequenz nimmt“). Sobald Lenny die -2/-4/-6 Methode veröffentlichte (Er hat sie erfunden) haben wir schnell erkannt, dass wir diesen Weg von Anfang an hätten ehen sollen und haben jedem empfohlen, den Stressbalken auf drei oder vier Kästchen zu begrenzen – und das ist heute unser Standard.

Bei Dresden Files sollten die Kämpfe furchterregend, plötzlich und brutal sein. Aber wir wollten nicht, dass die Helden schon in der ersten Runde zu Boden gehen; die Dresden Files Romane sind eine sonderbare Mischung. Die Kämpfe fühlen sich hart und brutal an, dennoch haben die Protagonisten eine cinematische Stehkraft. Beim Testen haben wir gemerkt, dass sich dies umsetzen lässt, in dem man den Stressbalken verkürzt, aber die -2/-4/-6 bei den Konsequenzen stehen lässt. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, den Stresstrack noch weiter zu Verkürzen, wenn die Tödlichkeit noch steigen soll – und haben gleichzeitig genug Konsequenzen geschaffen, damit die Charaktere die Stehkraft haben um nicht sofort umzufallen – und dennoch den Schmerz spüren können. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass die Stressbalken durch Fertigkeiten nur begrenzt wachsen können (irgendwann gibt es nur noch zusätzliche milde Konsequenzen) und nur Superpowers den Stresstrack weiter wachsen lassen. Zudem haben wir die Idee einer permanenten Konsequenz mit dem Wert von -8 gehabt, die deinen Charakter neu definieren kann, wenn sie aktiviert wird. Außerdem ist es okay, mehrere Konsequenzen zu nutzen, um einen Schlag aufzufangen. Zusammen ergibt dies gruselig+hart+cinematisch, was dem kurzen Stresstrack mit einer großen (eigentlich sogar sehr großen) Zahl von maximal erreichbaren Hitpoints zu verdanken ist – die richtige Mischung für Dresden Files. Kämpfe dauern nicht zu lange und Spieler können Entscheidungen treffen, ob sie kämpfen und leiden oder lieber wegrennen wollen.

Zwar haben wir nicht direkt an Diaspora mitgewirkt, aber die Jungs dort haben einige Entscheidungen getroffen, die ihren Geschmack trafen aber – wie ich denke – auch helfen, das Gefühl von „harten“ Science Fiction zu treffen (es kann sich dabei um bewusste Designentscheidungen handeln). Ich schreibe dies aus der Erinnerung, also bitte ich um Entschuldigung für Ungenauigkeiten. In Diaspora haben die Konsequenzen eine Wirkung von -1/-2/-4 statt einer großen; Ich weiß nicht mehr, ob man mehr als eine Konsequenz pro Angriff nutzen kann, aber es würde mich nicht wundern. Zudem erinnere ich mich, dass dort der Stresstrack auch die niedrigeren Kästchen auffüllt, wenn Treffer eintritt. Dass lässt einen schneller durch die Stresstrack kommen, gibt aber eine niedrige Zahl von Gesamt-Hitpoints. Diaspora ist also nicht cinematisch, aber das so erzeugte Gefühl trifft jedenfalls authentisch dass, was ein Fan von harter Sci-Fi erwartet.

Wenn du also deine „Geschmacksrichtung“ von FATE entwickelst, solltest du also verschiedene Konfigurationen ausprobieren. Selbst wenn es mitten in einer Kampagne sein sollte – mach deinen Spielern klar, warum du etwas änderst. Wir haben genau so gehandelt, als wir merkten, dass SOTC zu sehr in eine Richtung ging. Zudem empfiehlt es sich, auch andere Spiele zu spielen und beobachte dich und die anderen Spieler. Wieviele Kampfrunden dauert es, bis die Aufmerksamkeit nachlässt? Keinesfalls sollten deine Stressbalken länger sein, wahrscheinlich sogar kürzer. Hol dir von unserer Community Empfehlungen und sein dir im Klaren über die Konflikte, die du erzeugen möchtest. Es ist deine Entscheidungen, welche Einstellungen an FATE du vornimmst.

Verbindungen und BrücheFraktale

Das war ein Ausflug in Stress, Konsequenzen und einige Gedanken über die Feineinstellungen. Reicht dir das? Ich denke, dass es für die meisten Leute gut funktionieren wird und zumindest für jeden ein vernünftiger Ausgangspunkt ist. Aber es handelt sich um FATE, also sind da immer einige Stellen, an denen man ansetzen kann, um den Detailgrad erhöhen oder (YMMV) durch Einsatz der Fraktale sinnvoller vorgehen kann.

Hier soll es zunächst um Konsequenzen gehen. Konsequenzen sind Aspekte, und für einen Fraktal-Hacker bedeutet das: „Hey, ein Aspekt kann man wie einen Charakter behandeln!“ Deshalb gibt es hier jetzt eine Handvoll Gedanken dazu. Wenn du den Konsequenzen mehr Tiefe oder schärfere Zähne geben willst, dann könnte eine der folgenden Ideen das richtige für dich sein.

Konsequenzen ähneln Charakteren, also…

… werden sie durch Aspekte dargestellt.

Das ist die Basisfunktion, bereits in den aktuellen FATE-Dialekten eingebaut. Sie ist unser Sprungbrett für das folgende. Es bedeutet, dass Konsequenzen gereizt (compelled), genutzt (invoked) (normalerweise von jemand anderen, gegen den Betroffenen der Konsequenz, aber nicht immer).

… haben sie wie Fertigkeiten einen Wert auf der Werteleiter

Vielleicht könnte eine Konsequenz ein Adjektiv (nach der Werteleiter) haben, abhäng von der Zahl der Erfolge, die sie absorbiert hat – eine Konsequenz mit dem Wert von -4 wäre also großartig (great) +4. (Oder vielleicht lässt man den Stressbalken einfach weg, und bewertete Konsequenzen ersetzen die Funktion.)

Diese Fertigkeit könnte als Block gegen Aktionen verwendet werden, die der Betroffene versucht. Oder sie könnte selbst Angriffe starten, wenn die Konsequenz etwas beschreibt, was parallel weiterläuft – wie eine eiternde Wunde oder ein dreckiger Skandal. Oder vielleicht ist das zu grob; selbst dann könnte die Konsequenz als Schwierigkeit für Würfe dienen, wenn es darum geht, die Konsequenz wieder loszuwerden.

… haben sie Stunts

Stunts könnten besondere Zustände beschreiben, die z.B. durch bestimmte Angriffe oder Waffen hervorgerufen werden. Um das Beispiel von oben aufzugreifen, könnte die „eiternde Wunde“ den Stunt „weiterlaufender Schaden“ erhalten, die der Konsequenz die Möglichkeit gibt, selbst anzugreifen. Oder vielleicht ist es ein „Verfangen“-Stunt, der sagt: „Diese Konsequenz verhindert jede Bewegung“ (oder erhöht vielleicht auch nur jede Zonengrenze um 2).

… haben sie einen Stressbalken

Wirklich! Die Konsequenz könnte einen eigenen Stressbalken haben, um zu verfolgen wie weit du damit gekommen bist, die Konsequenz wieder loszuwerden. „Ich greife den Andauernden Skandal“ mit meiner Fertigkeit „Politiker“ an!“ Und das führt uns zu..

… HABEN sie Aspekte

Wenn du wirklich mal ganz verrückt sein willst, dann probier doch mal das: Konsequenzen könnten ihre eigenen Aspekte haben (Aspekte innerhalb eines Aspekts! aaaaaagh!) – zumindest für eine kurze Zeit. Ein Doktor könnte mittels eines Manövers/ Entdeckens/ Behauptens (maneuver/ assess/ declare) einen Aspekt als Teil seiner Diagnose erzeugen, den er später ausnutzt (invoke), um mittels einer Operation den Zustand zu beseitigen. Wenn auch ein Stresstrack mitmacht, könnte eine besonders zähle Konsequenz ihrerseits Konsequenzen nehmen, bevor sie ausgeschaltet wird (taken out). (Und wenn wir schon mal dabei sind: Wenn sie ausgeschaltet ist, wer sagt, dass sie nicht kapitulieren (concede) können? Welche Formen der Kapitulation wären dann denkbar? „Die Behandlung führt dazu, dass der Krebs sich zurückbildet, aber es gibt Komplikationen…“

Old School Stressbalken

Die Stressbalken von FATE 2.x fühlten sich erheblich anders an. Letztlich war es die konkrete Umsetzung von Stress in FATE 2, die uns zu dem heutigen Modell mit Stress und Konsequenzen in FATE 3 führte.

In FATE2 war der Stress so gestaltet, dass der Stressbalken in eine Reihe von Kästchen in mehreren Lagen aufgeteilt war. Jede Reihe hatte eine Breite, und einen Effekt, der ausgelöst wurde, sobald das erste Kästchen in seiner Ebene durchgestrichen werden musste. Es sah etwa so aus:

1 [] [] -1 auf die nächste Aktion
2-4 [] [] -1 auf alle Handlungen diese Szene
5-6 [] [] -1 auf alle Handlungen pro durchgestrichenes Kästchen bis zur Heilung
7+ Du bist ausgeschaltet

Das war spaßig und hatte regeltechnische Eleganz (man konnte die Zahl der Kästchen in jeder Reihe verändern, die Menge an Stress, die man benötigt um jede Reihe zu treffen, usw.), aber als wir uns auf FATE 3 zubewegten begriffen wir, dass Minusse einfach nicht so viel Spaß machen wie Plusse. (Zudem erinnern sich Spieler einfach besser an Boni…) Wir haben also versucht, alle Abzüge durch Boni auszudrücken. Zudem haben wir begriffen, dass länger andauernde Wunden Aspekte sind (da sieht man das Fraktale in Aktion: Wir verwenden ein bereits bestehendes Element des Systems wieder, statt ein neues zu erfinden). Also haben wir uns für das jetzt genutzte Modell entschieden.

Aber das heißt nicht, dass das alte System nicht Vorteile hatte. Wer es in FATE 3 rückportieren möchte, der könnte so vorgehen:

1 [] [] Der Gegner hat Schwung (spin)
 2-3 [] [] Du nimmst eine störende Konsequenz
 4-5 [] [] Du nimmst eine harte Konsequenz
 6-7 [] [] Du nimmst eine schwerwiegende Konsequenz
8+ Du bist ausgeschaltet

… und man erhält das Beste aus beiden Welten. Ich sage das hier so, aber ausprobiert habe ich es noch nicht. Falls du es ausprobierst, lass uns hören, wie es gelaufen ist.

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