Diese Adaption könnte auch Die fatetige Welt der Tiere heißen. Denn genau darum geht es. Dieser Text adaptiert Tierfabeln für Turbo-Fate.

Tiere im Rollenspiel darzustellen, hat lange Tradition. Schon 1976 setzte Bunnies & Burrows das Thema um und machte Welten wie Unten am Fluss (Watership Down) und Der Wind in den Weiden (The Wind in the Willows) spielbar. Weil ich in meiner Reihe gerne Genres abbilde, die bisher noch keine Fate-Adaption erhalten haben, sind nun also Fabeln an der Reihe. Daher dieser Artikel, damit man auch mit Fate die Abenteuer von Tieren erleben kann.

(Anmerkung für biologisch Pedantische: Ja, mir ist auch klar, dass Menschen Tiere sind und man daher in fast alle Rollenspielen Tiere spielt. In diesem Artikel sind mit „Tieren“ natürlich Tiere im Gebrauch der Alltagssprache gemeint.)

Dieser Artikel stellt die Mittel vor, mit der man ein Tier als SC erstellen kann. Danach liefert er Anregungen zu möglichen Handlungen und zeigt ein Beispielszenario auf, in dem die Tiere in den Ruinen von Tschernobyl Abenteuer erleben.

 

Ein Tier erstellen

Als erstes muss man sich entscheiden, welcher Tierart der SC angehören soll. Diese Wahl ist noch mit einer zweiten Frage verbunden: In den allermeisten Fabeln unterscheidet sich das Verhalten der Tiere sehr danach, ob sie Fleischfresser oder Pflanzenfresser sind. Fleischfresser sind bedrohlicher, aggressiver und gelegentlich verschlagen, Pflanzenfresser friedlicher, gelegentlich naiv und manchmal beredet, um Fleischfresser mit Worten zu besiegen.

Bei vielen Tierarten ist es offenkundig, ob sie Pflanzen oder Tiere bevorzugen. Tiger mögen Fleisch, Ziegen kauen Gras usw. Ein blutrünstiges Kaninchen ist nur in sehr abgedrehten Runden erwünscht. Hier ist die Wahl also eindeutig. Aber Allesfresser kommen in der Fabelwelt irgendwie nicht vor. Wer einen Bären oder Affen oder Ähnliches spielt, muss sich für eine der beiden Fraktionen entscheiden.

Fleischfresser oder Pflanzenfresser stellt einen festen Aspekt des Charakters dar, der auch bei einem großen Meilenstein nicht verändert werden kann.

Im Download-Bereich finden sich spezielle Charakterblätter für diese Adaption. Diese unterscheiden sich auch danach, ob der SC Fleisch- oder Pflanzenfresser ist. Wer diese Unterscheidung noch besonders unterstreichen möchte, kann sich gerne eins der Dokumente ausdrucken.

 

Wenn man sich typische Fabeln anschaut, dann stellt man fest, dass die handelnden Figuren (also Tiere) meistens durch eine spezifische Eigenschaft charakterisiert werden. Es tritt eben nicht einfach nur der Fuchs auf, sondern der schlaue Fuchs. Diese eine Eigenschaft wird hervorgehoben und überragt die weiteren Besonderheiten.

Dieser Tatsache wird in dieser Adaption auf zwei Weisen Rechnung getragen: Zunächst einmal muss das Konzept eines Charakters aus einem Adjektiv und einer Tierart bestehen. Beispiele wären kluge Eule, naive Eule, flinker Hase oder verschlagene Krähe.

 

Auch die Spielwerte reflektieren die oben genannte Eigenart, dass sich die Tiere in Fabeln stets durch eine spezielle Eigenschaft besonders auszeichnen. Deshalb verwendet diese Adaption Turbo-Fate, weil sich die Methoden besonders für diese Form von Geschichten eignen. Entgegen der normalen Charaktererschaffung, verteilt der Spieler aber folgende Werte: +4 / +2 / +1 / +1 / +0 / +0. Dadurch wird also eine spezifische Methode zur wichtigsten Vorgehensweise des SCs erhoben.

Auf welche Methode er den Wert Großartig (+4) setzt, das ist dem Spieler selbst überlassen. In der folgenden Tabelle finden sich jedoch einige Vorschläge, welche Tierarten zu welchen Methoden passen könnten. (Diese Zuordnung entspringt meiner tiefgründigen Recherche aus Klischees, Intuition und bloßem Raten. Außerdem ist sie nach Kontinent geordnet.)

 

Europa Afrika Asien Amerika Australien
Flink Falke, Hase, Hirsch, Reh Antilope, Gepard Hirsch, Pferd Weißkopfseeadler Känguru
Kraftvoll Braunbär, Bulle, Elch, Pferd Elefant, Löwe Braunbär, Tiger Bison Beutelwolf
Scharfsinnig Eule, Hund, Rabe, Schwein Affe, Papagei, Zebra Affe Waschbär Kakadu
Sorgfältig Dachs, Kuh, Luchs, Otter Giraffe, Nilpferd Panda Faultier Koala, Schildkröte
Tollkühn Adler, Katze, Wildkatze, Wolf Leopard, Nashorn Adler, Wolf Opossum, Truthahn Dingo
Tückisch Fuchs, Krähe, Ziege Geier, Hyäne, Krokodil Schlange, Waran Kojote, Lama Schlange, Spinne

 

Zwischen menschlich und tierisch

Was man mit solchen tierischen Spielercharaktere anfangen kann, hängt sehr davon ab, wie sehr man diese Figuren vermenschlicht.

Im einen Extrem spielt man Tiere, die einen wirklich tierischen Körperbau aufweisen (also bspw. keine opponierbaren Daumen haben) und keinerlei Technologie beherrschen. Sie haben fast keine Werkzeuge und sind von Menschen verwirrt oder verängstigt. Wenn Sie auf menschliche Artefakte stoßen, sind diese zunächst sehr rätselhaft. In einem solchen Szenario ist die Auseinandersetzung mit Menschen und deren Technologie meistens ein zentrales Element. Spätestens seit der Antike sind Menschen der zentrale Einfluss auf diesem Planeten. Man kann ihnen und ihren Werken kaum aus dem Wege gehen. Und aus Sicht eines Tieres sind ihre Taten einfach absonderlich. Die Lebensräume sind plötzlich in Rechtecke unterteilt oder durch Straße zerschnitten oder mit riesigen Steinquadern übersäht, in denen die Menschen wohnen. Seltsame Fast-Lebewesen auf Holz, Plastik oder Metall bewegen sich wahnsinnig schnell, ohne etwas zu essen, und machen oft einen Heidenlärm. Auch wenn die Menschen gar nicht im Fokus des Szenarios stehen, bilden sie doch immer den Hintergrund der Kampagnenwelt.

Im anderen Extrem sind die Tiere vollkommen zivilisiert. Sie verwenden Werkzeuge und stelle eigene Maschinen her. Sie gehen womöglich aufrecht und können greifen. Für diese Charaktere sind typische Rollenspielhandlungen direkt übertragbar. Aufgrund der unterschiedlichen Spezies und der Unterteilung in Fleisch- und Pflanzenfresser bieten sich Intrigen und politisches Spiel hier besonders an.

Die Einordnung in diesen Verlauf zwischen menschlich und tierisch ist auch wichtig für die Frage, wie sehr die tierischen Charaktere nach den Instinkten handeln, die wir mit ihnen assoziieren. (Ist ja nicht so, als hätten Menschen keine Instinkte.) Flieht ein Rehcharakter panisch, wenn er scharfe Zähne sieht? Will sich ein Hase ständig fortpflanzen? Muss sich ein Löwe beherrschen, die Antilope nicht anzugreifen? Und wird ein Wolf verrückt ohne sein Rudel?

Die Antworten auf diese Fragen hängen vor allem damit zusammen, warum eine Runde überhaupt eine Fabel spielen möchte. Für viele Spieler liegt der Reiz im Spielen eines Tiers eben gerade in derer anderen Sicht auf die Welt. Wenn tierische Instinkte ein Thema sein sollen, sollte jeder Charakter zusätzlich zu seinem Konzept noch mindestens einen weiteren Aspekt haben, der seine Instinkte widerspiegelt. (z. B. Im Zweifelsfall immer Flucht oder verteidigt sein Revier)

 

Szenariovorschlag: Die Ruinen von Tschernobyl

Am 26. April 1986 kam es im Kernkraftwerk in der ukrainischen Stadt Tschernobyl zum schwersten nuklearen Unfall der Geschichte. In Folge dessen wurde die Stadt von etwa 14.000 Einwohnern in mehreren Wellen evakuiert, so dass heute nur noch etwa 700 Menschen in der Sperrzone leben. Auch wenn die Lebensführung dieser 700 von zweifelhafter Weisheit scheint, war die Katastrophe für die Menschen ein Segen für die Tiere. Denn die Strahlungswerte in der Sperrzone sind deutlich gefallen und sind im Großteil der Region für Tiere sehr viel weniger gefährlich als Menschen für sie gefährlich sind.

Dadurch stellt die Sperrzone heute ein Rückzugsgebiet für alle möglichen Tierarten dar. Wölfe, Hirsche und Wisente leben dort von Menschen ungestört, wenn auch natürlich von Strahlung geschädigt.

Genau hier setzt dieses Szenario an: Die Spielercharaktere verkörpern Tiere, die in der Sperrzone und die Ruinen der Stadt leben. Dabei sollte man es mit dem Realismus vielleicht nicht übertreiben. Zumal viele Fakten über die Sperrzone schwer festzustellen sind, weil so wenige Forscher dort arbeiten (wer hätte es gedacht). Insofern sollten die Tiercharaktere wohl europäisch sein (keine Opossums), aber ob wirklich Luchse in Tschernobyl leben, ist wirklich nicht relevant.

Ich werde zunächst Themen und Kampagnenaspekte vorstellen, dann einige NSCs. Und zum Schluss finden sich auch Vorschläge für Spielercharaktere.

 

Themen und Kampagnenaspekte

Der erste Aspekt und das erste Thema des Szenarios ist natürlich die Strahlung und die verstrahlten Gebiete. Diese sind sehr ungleichmäßig verteilt, so dass es viele Orte geben wird, an denen die Tiere gar nichts von den Folge der Katastrophe bemerken. Hier sind sie vor allem vor den Menschen sicher. Das Bisschen Strahlung fällt hier wenig ins Gewicht.

Andere Gebiete wiederum sind so stark radioaktiv, dass schon ein kurzer Aufenthalt in ihnen tödlich endet. Die Tiere kenne diese Orte gut und meiden sie komplett. Es sind die Grauzonen dazwischen, von denen niemand so genau sagen kann, wie gefährlich sie eigentlich sind.

Aspekt: Flickenteppich aus Schutz und Tod

 

Eine Stadt, die von ihren Einwohnern verlassen wurde, fängt rasch an, zu verwildern und dem Zahn der Zeit zu erliegen. Gebäude zerfallen, Maschinen verrosten, Holz wird morsch und verrottet, während aus Parkanlagen Wälder werden und aus Freiflächen Wiesen. Die Hinterlassenschaften der Menschen bergen geheimnisvolle Schätze, die viele der Tiere nicht verstehen. Dadurch verlocken sie die Mutigeren, sie aufzusuchen und nach einem Nutzen für die Wunderwerke zu suchen. Kein ungefährliches Unterfangen, können die zerfallenden Häuser doch zu Todesfallen werden und die unbekannten Geräte sich plötzlich als Gefahr entpuppen.

Aspekt: Reichtum und Zerfall

 

Aber auch heute leben noch einige Menschen in der Stadt und den umliegenden Dörfern. Und immer wieder kommen Expeditionen an, um zu forschen, oder Fachleute, um die Stabilität des Sarkophags um den Unglücksreaktor zu überwachen.

Diese Leute sind bestens vorbereitet. Die Expeditionen verfügen über modernste Technik und sind für fast alle Überraschungen gewappnet. Die Anwohner sind durch die harschen Bedingungen abgehärtet und nicht zimperlich.

Aspekt: Als wären Menschen nicht gefährlich genug…

 

Nichtspielercharaktere – einige Bewohner der Ruinenlandschaft

Alexej, der weise Rabe

Der Kolkrabe Alexej ist mit seinen 31 Jahren ein Greis unter den Vögeln. Seine viele Jahre lehrten in Ruhe, Einsicht und Weisheit, so dass sein Urteil von vielen Tieren sehr geschätzt wird. Bei Streitigkeiten oder tiefgründigen Fragen suchen viele der tierischen Einwohner Tschernobyls den Raben auf, um Alexejs Meinung zu hören. Dieser ist sich seiner Verantwortung wohl bewusst und versucht, stets gerecht und unparteiisch zu sein. Meistens gelingt ihm das sehr gut, nur ab und zu lässt er sich bestechen.

Alexej hat nämlich ein Laster: Seine alten Knochen schmerzen ihn manchmal sehr und er behilft sich mit Alkohol. Für einen Raben ist es nicht leicht, an solchen zu kommen. Vergorene Früchte kommen nicht das ganze Jahr über vor und enthalten auch nur vergleichsweise wenig Alkohol. Viel lieber ist ihm der Wodka, den man von den Menschen klauen kann. Für solche Diebesaktionen ist er aber zu alt, weshalb er sich für seine Dienste oft mit Alkohol entlohnen lässt. Dann müssen ihn halt andere stehlen.

Konzept: weiser Rabe

der Ruf der Flasche

 

 

Amora, die lesbische Schlange

In einer Höhle aus einer alten Betonverschalung eines Wasserrohres lebt eine geschwätzige Kreuzotter namens Amora. Sie freut sich immer, wenn Besuch vorbeikommt und für einen Plausch bleibt. (Es sei denn, es sind kleine Nagetiere oder Insekten, die sie sofort verspeist.)

Und wenn sie dabei etwas flirten kann, ist Amora völlig begeistert. Amora ist eine sehr inklusive Verehrerin. Rehe, Wölfinnen, Katzen, wenn sie ein Tier nicht essen will, will sie es verführen. Aber ein Kriterium legt sie immer an: Das Ziel ihrer Verehrung muss weiblich sein. Männchen findet sie nur grausam und primitiv. Mit so etwas will sie nicht zu tun haben.

Konzept: lesbische Schlange

geschwätzig wie nichts

 

Dżuma, die fanatische Rattenkönigin

Ohne Frage ist Dżuma die mächtigste Person unter den Tieren Tschernobyls. Sie herrscht unangefochten über ihre Rattenhorde und noch viele mehr. Durch die Widerstandskraft der Ratten und ihre Fähigkeit, in den Ruinen Futter zu finden, konnten sich die Ratten nach der Katastrophe als Magnaten für viele andere Tiere einsetzen. Wer die Nahrungsversorgung kontrolliert, muss nicht groß und stark sein, um zu herrschen. Daraus entstand ein ganzer Stamm von Vasallen, die die Rattenkönig erbte, als sie ihren Thron vor zwei Jahren bestieg. Schlangen, Füchse, Ziegen und sogar Katzen sind nur einige von Dżumas vielen Schergen. Die Rattenherrscher sind so etwas wie die kapitalistischen Magnaten Tschernobyls.

Aus diesem Erfolg haben Dżuma und ihre Ratten eine ganze Ideologie entwickelt: Sie sehen es als ihr Schicksal, das Erbe der Menschen anzutreten und alle Tiere unter ihrer gesegneten Herrschaft zu vereinigen. (Damit machen sie sich vor allem die Wölfe zu Feinden.)

Die Rattenkönigin hat sich in den letzten Monaten fanatisch in diese Vorstellung hinein gesteigert. Sie will dieses hehre Ziel noch in ihrer Lebenszeit verwirklichen. Und sie weiß, dass ihre Tage gezählt sind, denn Dżuma hat Krebs. Seit einigen Monaten wächst ein hässlicher Tumor an ihrem Nacken. Je größer das Geschwür wird, desto mehr wächst auch Dżumas Wahnsinn.

Konzept: fanatische Rattenkönigin

Mein Körper zerfällt unaufhaltsam.

 

Horst, der melancholische Hirsch

Der junge Hirsch Horst wird nicht nur in seinem Rudel mit amüsiertem Desinteresse behandelt. Der Hirsch ist ein melancholischer Dichter. Nichts erfüllt ihn so sehr wie traurige Gedichte zu schreiben oder tragische Lieder zu singen.

Er hält sich auch ein wenig für einen Philosophen, aber da liegt er falsch. Als junger Bursche fehlt es ihm einfach an Lebenserfahrung für wirkliche Weisheit. Dafür kann er Weltschmerz für alle anbieten.

Konzept: melancholischer Hirsch

weniger weise als er denkt

 

Kassiopeia, die schlaue Katze

Kassiopeia ist eine pechschwarze Katze, die in einem alten Baumhaus lebt, welches ursprünglich von einer Familie in ihrem Garten als Ort für die Kinder gebaut wurde. Das Gebäude ist überraschend gut erhalten und voller wertvoller Artefakte.

Der Grund dafür ist, dass Kassiopeia Fachfrau für Menschentechnik ist. Sie ist in der ganzen Region als Koryphäe in diesem Feld bekannt. Wer Hilfe mit menschlichen Geräten braucht, sucht die schlaue Katze auf. Auch wer dringend eine raffinierte Lösung, ist gut beraten, einmal Kassiopeia zu fragen, ob ihr ein Ansatz einfalle oder sie ein Gerät dafür habe.

Für ihre Gefallen lässt sich die Katze jedoch bezahlen. Für Kleinigkeiten mag ein wenig Essen ausreichen. Doch wer mehr will, der sollte sich darauf einstellen, einen Auftrag für sie durchzuführen. (Meistens schickt sie Bittsteller aus, um weitere Artefakte als Bezahlung für sie zu bergen.)

Die wenigen Tiere, die den Fehler machten, Kassiopeia ihre Hilfe mit Gewalt abringen zu wollen, musste feststellen, wie viele todbringende Fallen sie extra für diese Eventualität in ihrem Haus errichtet hat.

Konzept: schlaue Katze

Eine Hand wäscht die andere.

 

Prete, der fromme Wolf

Prete ist der Anführer des Wolfsrudels, das kurz nach dem GAU in das Gebiet zog. Dort trafen sie bald auf Haushunde, die von den Menschen zurückgelassen worden waren. Viele davon wurden Mitglieder des Rudels und erzählten den staunenden Wölfen von der Güte der Menschen und den paradiesischen Leben, die sie früher führen dürften.

Daraus hat sich eine ganze Religion gebildet, der die Wölfe huldigen. Sie glauben, sie seien alle Sünder, die in die mühsame und gefährliche Existenz als Wölfe geboren wurden, weil sie im letzten Leben sündigten. Wenn sie nun ein gutes, frommes Leben führen, dann würden sie im nächsten Leben von den heiligen Menschen gesegnet und als Haushunde wiedergeboren.

Die Wölfe sehen die Menschen also ein wenig als Götter an. Allerdings als richtende Götter, die sie für ihre Sünden strafen bzw. bestraft haben. Daher hält sich das Rudel von den Menschen fern, die noch in der Region leben. In einem Leben als Wölfe müssen sie erst Vergebung erlangen und haben von den Menschen nichts als gerechten Zorn zu erwarten. Im nächsten Leben werden gute Wölfe zu den heiligen Menschen kommen und die Freuden des Hundelebens erlangen.

Dieser Lehre hängt Prete an und fordert auch von seinen Untergebenen tiefe Frömmigkeit ein. Seine Sichtweise ist dabei sehr von den Berichten der Hunde von damals geprägt. Aber diese verstanden ihre Herrchen nicht gut und die Lehre wurde seit dem auch noch durch die mündliche Weitergabe verzerrt.

Der wichtigste Lehrsatz von Pretes Glauben ist daher, Privateigentum sei Sünde (hier zeigt sich die Prägung des Kommunismus). Alles gehört stets dem Rudel. Andere Tiergruppe, die das anders halten, sieht Prete als Sünder an. Vor allem die Ratten und ihre Anhänger hält der Wolf für eine Horde von Ketzern. Wer sich von Prete Hilfe erhofft, der muss an seine Religion appellieren.

Konzept: frommer Wolf

Dżuma und ihre Ratten sind Ketzer!

 

Vorschläge für Spielercharaktere

Im Folgenden werden einige möglichen Spielercharaktere für das Szenario vorgeschlagen. Diese umfassen allesamt vier Aspekte (so dass einer frei bleibt) und einen Stunt (so dass zwei frei bleiben und die Erholungsrate 3 beträgt).

Bei einigen Figuren wird implizit angenommen, dass sie im Dienst von Dżuma und den Rattenherrschern stehen. Das hat vor allem den Vorteil, dass es erklärt, warum so unterschiedliche Tiere eine Gruppe bilden – sie wurden eben von Vorgesetzten zusammengestellt.

Aber natürlich wäre auch das Gegenteil denkbar: Die Spielercharaktere sind eine Gruppe von Tieren, die gegen die kapitalistischen Herrscher opponieren – Fable Punk!

 

Calypso die Katze (Fleischfresser)

Konzept: schlaue Katze

Dilemma: Meine Treue zu den Rattenherrschern ist unerschütterlich.

Ich kann auf alles klettern!

Prete und seine Fanatiker hassen mich.

 

Flink +2 / Kraftvoll +0 / Scharfsinnig +4 / Sorgfältig +1 / Tollkühn +1 / Tückisch +0

 

Stunt: Wer schnell denkt, kann eine Schwäche finden.: Weil ich rasch denken kann, kann ich einmal pro Sitzung einen Gegner scharfsinnig angreifen, auch wenn die Situation das nicht rechtfertigt.

 

Glöb Glöb die Ente (Pflanzenfresser)

Konzept: mutige Ente

Dilemma: Jeder Mann ist ein potentieller Vergewaltiger.*

Der Hohle Schwan steht in meiner Schuld.

waghalsiges Fliegerass

 

(*Für diejenigen, die das unpassend finden: Bei Enten ist Vergewaltigung so häufig, dass ihre Evolution sogar Abwehr- und Angriffsmechanismen hervorgebracht hat.)

 

Flink +2 / Kraftvoll +0 / Scharfsinnig +1 / Sorgfältig +0 / Tollkühn +4 / Tückisch +1

 

Stunt: Hergeschaut!: Weil ich super auffällig bin, bekomme ich einen Bonus von +2, wenn ich jemanden ablenken will und dabei tollkühn vorgehe, um einen Vorteil zu erschaffen.

 

Leet die Ziege (Pflanzenfresser)

Konzept: stolze Ziege

Dilemma: Menschen sind so spannend!

Gewalt ist eine Lösung.

Zynismus ist gut für die Seele.

 

Flink +1 / Kraftvoll +2 / Scharfsinnig +1 / Sorgfältig +4 / Tollkühn +0 / Tückisch +0

 

Stunt: Mein Euter ist ein Präzisionswerkzeug.: Weil ich mit meinem Milchstrahl präzise treffen kann, bekomme ich einen Bonus von +2, wenn ich ein Hindernis durch sorgfältiges Zielen auf eine Schwachstelle überwinden will.

 

Manus der Falke (Fleischfresser)

Konzept: tollpatschiger Falke

Dilemma: Vor größeren Tieren bin ich so schüchtern.

Die schärfsten Augen weit und breit

chronischer Helferkomplex

 

Flink +4 / Kraftvoll +0 / Scharfsinnig +0 / Sorgfältig +1 / Tollkühn +2 / Tückisch +1

 

Stunt: Aufklärung aus der Luft: Weil ich fliegen kann und gute Augen haben, kann ich einmal pro Sitzung ein hilfreiches Detail (z. B. zweiten Eingang, verlorenes Objekt) aus der Luft entdecken.

 

Ringo der Hund (Fleischfresser)

Konzept: musikalischer Hund

Dilemma: Konflikte will ich immer schlichten, auch wenn es gefährlich wird.

Um meine Ohren beneiden mich sogar Katzen.

Meister des Bastelns

 

Flink +0 / Kraftvoll +1 / Scharfsinnig +2 / Sorgfältig +4 / Tollkühn +1 / Tückisch +0

 

Stunt: Muse des Friedens: Weil mein Gesang jeden berührt, kann ich einmal pro Sitzung einen Streit mit einer Melodie auflösen.

 

Siuell das Frettchen (Fleischfresser)

Konzept: vergessliches Frettchen

Dilemma: im Zweifelsfall reinbeißen

alte Romantikerin

Überlebenskünstlerin im Wald

 

Flink +4 / Kraftvoll +0 / Scharfsinnig +0 / Sorgfältig +2 / Tollkühn +1 / Tückisch +1

 

Stunt: Vorbereitung ist das halbe Leben.: Weil ich immer alles mögliche Zeug mithabe, kann ich einmal pro Sitzung ein hilfreiches, kleines Objekt einfach dabei haben.

 

Umbra, der Rattenbock (Pflanzenfresser)

Konzept: hinterhältiger Rattenbock

Dilemma: Weiberheld aus Überzeugung

Am besten arbeitet man im Verborgenen.

Kinder sind heilig.

 

Flink +2 / Kraftvoll +0 / Scharfsinnig +1 / Sorgfältig +1 / Tollkühn +0 / Tückisch +4

 

Stunt: Ehrlichkeit ist doch nur eine Ausrede für wenig Fantasie.: Weil ich eine begnadeter Lügner bin, bekomme ich einen Bonus von +2, wenn ich durch eine Lüge tückisch einen Vorteil erschaffen möchte.

 

Wiki das Pferd (Pflanzenfresser)

Konzept: vorlautes Pferd

Dilemma: kann keine Herausforderung ablehnen.

Praktisch alles ist zu klein für mich.

Alles eine Frage des Balance

 

Flink +1 / Kraftvoll +4 / Scharfsinnig +1 / Sorgfältig +0 / Tollkühn +2 / Tückisch +0

 

Stunt: Hörsturz ist auch eine Form von Nachgeben.: Weil ich reden kann wie ein Wasserfall, bekomme ich einen Bonus von +2, wenn ich jemand verbal überrumpeln will und dabei tollkühn angreife.

Der Beitrag Reineke Fate in Tschernobyl – Lichtbringer adaptiert Fabeln erschien zuerst auf FateRpg.de.

Die Handlung

„Die Tat ist alles, nichts der Ruhm.“

– Faust

 

Eine ganze Gruppe von Paktierern bringt bereits einiges an Handlungspotential mit. In manchen Runden könnte das die gesamte Handlung tragen – nicht einmal eine Spielleitung ist unbedingt nötig.

Doch ob das reicht? Die meisten Spieler werden sich schon noch etwas mehr Handlung wünschen. Hier besteht die Kunst der Spielleitung darin, das richtige Gleichgewicht zu finden zwischen dem Intrigenspiel der Dämonen und Paktierer, und der äußeren Handlung, mit der sich die Charaktere konfrontiert sehen. Dabei ist vor allem die Verzahnung dieser beiden Ebenen besonders wichtig, damit nicht zwei völlig isolierte Handlungen nebeneinander laufen. Das ist nicht immer etwas Schlechtes, aber meistens legt ein Spieler individuell einen deutlichen Fokus auf nur eine der beiden Ebenen und die andere bewegt ihn wenig. Was besonders problematisch werden kann, wenn Spieler der selben Runde unterschiedliche Vorlieben haben. Dann entsteht nämlich leicht ein Konkurrenzkampf.

Die Verbindung dieser zwei Sphären kann vor allem auf zwei Weisen passieren: Indem die größere Handlung direkt die Pakte betrifft oder indem die Herausforderung so groß ist, dass die Charaktere ihr nur mit Hilfe ihrer Dämonen begegnen können.

Die erste Lösung liegt vor, wenn beispielsweise eine Gruppe von Ermittlern (z. B. Polizisten oder Inquisitoren) die Machenschaften der Spielercharaktere untersucht. Dann ist es an den Charakteren, ihre Spuren zu verwischen oder die Bedrohung unauffällig aus dem Wege zu räumen. Eine solche Gefahr erzeugt natürlich auch eine Gelegenheit für die Dämonen, ihre Paktierer über Angst zu neuen Bünden motivieren.

Das Problem darin ist, dass es sehr schnell alt wird, wenn eine Truppe von Ermittlern nach der nächsten eintrifft und die Spielercharaktere ständig ihre Geheimnisse bewahren müssen. Bedrohungen oder Anreize von außen, die dämonische Unterstützung erfordern, aber sie nicht direkt betreffen, bieten sich hier viel mehr an, weil sie vielfältiger sein können. Bei der Auswahl des äußeren Impulses kann sich die Spielleitung (wie eigentlich immer) an den Aspekten der Charaktere orientieren.

Des Weiteren empfiehlt es sich, diese Herausforderungen so zu gestalten, dass man sie eskalieren kann. Ein einzelner Widersacher funktioniert hier schlechter als eine feindliche Organisation, die mehr und mehr Ressourcen gegen die Gruppe werfen kann. Der Vorteil einer Eskalationsspirale liegt darin, dass man die SCs immer weiter treiben kann, bis sie sich den Forderungen ihrer Dämonen ergeben werden. Dadurch hat man die Pakte und die größere Handlung auf eine Weise verbunden, die direkt das faustische Spannungselement erzeugt.

 

Beispielgruppe

„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie.“

– Mephisto

 

Um diese abstrakten Konzepte etwas greifbarer zu machen, stelle ich hier eine kleine Beispielgruppe aus fünf Charakteren vor. Sie gehören gemeinsam zu einem geheimen Kult namens Bund des Willens, der für Macht und Reichtum Dämonen anruft. Der Kult hat nur 22 Mitglieder, aber durch die Macht, mit welcher die Dämonen sie verführen, sind sie in vielen wichtigen Kreisen unterwegs und können viel bewegen. Und viele Verbrechen vertuschen.

 

Ariane Hess

Konzept: manipulative Schönheit

Dilemma: Ich liebe Sex und die Macht, die er gibt.

Sünde: (Stolz) Keiner beleidigt mich ungestraft!

 

Trotz ihrer französischen Großeltern sieht Ariane Hess (geborene Beilstein) eher mediterran aus. Das lange, wellige Haar umrahmt ein rundes Gesicht mit vollen Lippen, braunen Augen und eleganten Brauen. Ihre leicht dunkle Haut umfasst einen fast ideal gerundeten Körper. Auch wenn sie auf die vierzig zugeht, ist Ariane ohne Frage eine sehr attraktive Frau.

Und das weiß sie nicht nur für ihren Ehemann Johannes zu nutzen. Die Schönheit redet sich gerne ein, sie wäre sexuell frei oder positiv eingestellt. Doch ihr Verhalten geht weit über Lustgewinn und emotionale Nähe hinaus. Sie will es sich nicht eingestehen, aber sie genießt nicht einfach nur den Akt, sie liebt die Macht, die er ihr über die Männer (und seltener Frauen) gibt. Die subtile Herrschaft, die sie sich damit über ihre Partner sichern kann, gilt ihr mehr als der eigentliche Lustgewinn.

Und genau hier setzt ihr Dämon Remaja an: Um einen mächtigen Menschen zu verführen, geht sie gerne den Bund ein. Zumal der Preis für diesen Bund oft ebenso finster süß ist wie das Ziel, denn häufig fordert Remaja für ihre Hilfe nur ein, Ariane solle den Ruf oder die Ehe des Ziels zerstören.

Aber zu den wirklich finsteren Taten lässt sich die Frau nur mit einer anderen Drohung bewegen: Wenn es an ihren Stolz geht. Wer sie beleidigt, der kann von dämonischer Rache getroffen werden. Und auch hier ist oft der Schaden, den sie anrichtet, Remaja Preis genug. Doch wenn auch es mal größere Opfer sein mögen, mit Macht und Geld lässt sich einiges vertuschen. Und wer vermisst schon ein paar Waisenkinder?

Gelegentlich geht Remaja auch den Weg der Angst – spezifisch den Weg der Angst vor dem Altern und dem Verlust der körperlichen Schönheit. Für etwas Jugend verkauft Ariane auch immer wieder einen Teil ihrer Seele. Manchmal bereut sie sogar ihren Sohn Zacharias. Die Schwangerschaft zeichnete ihren Körper nur wenig, aber selbst dieses Bisschen ist ihr zu viel.

 

Ihr Dämon Remaja tritt stets als weiblicher Mensch auf, der hautenge, aber lange Abendkleider trägt. Oft erscheint sie nicht direkt in Arianes Nähe, so dass die Töne ihrer Stöckelschuhe sie ihrer Paktiererin ankündigen.

Erholungsrate: 1 / Angst +2 / Faulheit +2 / Habgier +1 / Jähzorn +3 / Maßlosigkeit +0 / Neid +1 / Stolz +4 / Wollust +3

 

Johannes Hess

Konzept: erfolgreicher Banker

Dilemma: Meiner Frau Ariane kann ich nichts abstreiten.

Sünde: (Habgier) Das Geld regiert die Welt.

 

Johannes Hess kommt aus armem Hause. Als Sohn eines Ingenieurs, der durch Alkoholismus arbeitslos wurde, und einer Krankenschwester, die nie den Mut hatte, ihren prügelnden Mann zu verlassen, wuchs er in einer verzweifelten Lage auf.

In der Schule war er zu faul, um etwas zu bewirken. Nur in Mathe war er ohne Aufwand gut. Trotz seiner mathematischen Begabung war er auf dem besten Weg in das gescheiterte Leben, bis er seine spätere Frau Ariane kennenlernte. Nicht nur verfiel er ihr umgehend, sie führte ihn auch in den Bund des Willens ein. So fand er bei einer Anrufung seinen wichtigsten Verbündeten in Zuladeus.

Mit Hilfe des Dämons wurde aus ihm ein erfolgreicher Banker. Das zottelige Haar wich einem ordentlichen Schnitt, die blauen Augen bekamen eine teure Brille, die Kleidung wurde zu teuren Anzügen. Denn Geld ist da und es wird immer mehr. Mit Zuladeus‘ Hilfe konnte Johannes nicht nur sein Abschlusszeugnis fälschen. Bund für Bund machte er erfolgreiche Geschäfte und wurde immer und immer reicher und mächtiger. Johannes Hess ist mittlerweile ein Name, der in Wirtschaft und Politik viel Gewicht trägt.

Und mit Geld kann man ihn immer locken. Von der Armut und dem Leiden seiner Jugend traumatisiert, will Johannes immer mehr und mehr Reichtum. Wenn das Geld lockt, dann kann er sich einfach nicht beherrschen. Und die Idee, auch nur einen Monat Verlust zu machen, bereitet ihm Unbehagen. Sein Dämon hilft ihm da gerne, seinen Reichtum zu mehren. Dafür ist er Zuladeus überraschend dankbar.

Und er ist seiner Frau dankbar, weil sie ihm in den Kult brachte. Generell ist er Ariane weiterhin völlig verfallen und täte fast alles für sie. Zum gemeinsamen Sohn Zacharias hat er nur ein distanziertes Verhältnis. Manchmal bereut er, dass es keine Tochter wurde, die er gewinnbringend verheiraten könnte.

 

Zuladeus trifft Johannes in unterschiedlichen Gestalten, die jedoch immer wie charismatische Männer in teuren Anzügen aussehen.

Erholungsrate: 1 / Angst +3 / Faulheit +1 / Habgier +4 / Jähzorn +1 / Maßlosigkeit +2 / Neid +3 / Stolz +2 / Wollust +0

 

Martina Rupp

Konzept: Germanistikstudentin und Cliquenführerin

Dilemma: der Druck des Studiums

Sünde: (Neid) Niemand darf modischer sein als ich.

 

Martina Rupp ist erst seit zwei Jahren im Bund des Willens. Die junge Germanistikstudentin liebt nur eins mehr als den Luxus: die Mode. Stets muss sie die angesagten Klamotten tragen und den elegantesten Schmuck. Ihr ganzes Selbstwertgefühl basiert darauf. Wehe eine andere Frau ist besser ausgestattet, dann wird es an der Zeit, Jorujael zu rufen. Ohne die Hilfe ihres Dämons könnte Martina sich ihren Lebenswandel nämlich gar nicht leisten.

Mit ihrem ständigen Fokus auf Mode und ihren Ruf wurde Martina schnell zur Anführerin einer Clique in ihrem Studiengang. Deren Urteil ist gefürchtet, denn nicht nur lästern sie offen über unbeliebte Kommilitonen und greifen sie verbal an. Sie setzen auch oft bewusst falsche Gerüchte über ihre Opfer in die Welt. Wen die Clique nicht mag, den schikaniert sie gnadenlos. Oft ist dieses aktive Ausgrenzen tatsächlich Teil eines Bunds. Martina bewegt es wenig, dass ihr Verhalten schon zwei Studierende in den Selbstmord trieb. Wer so ein Verlierer ist, dass er sich umbringt, verdient es ihrer Ansicht nach auch gar nicht besser.

Die junge Frau ist niedriger Gestalt und etwas übergewichtig. Sie hat eine sorgsam gebräunte Haut, grüne Augen und dunkelblondes, aufwendig gepflegtes Haar. Was Kleidung und Schmuck angeht, trägt sie immer den neusten (und bei Bedarf auch teuersten) Schrei.

 

Jorujael tritt stets in männlicher Gestalt auf. Er nutzt die Vorurteile seiner Paktiererin aus und erscheint dieser in der klischeehaften Form eines homosexuellen Modefachmanns.

Erholungsrate: 1 / Angst +0 / Faulheit +1 / Habgier +3 / Jähzorn +2 / Maßlosigkeit +3 / Neid +4 / Stolz +2 / Wollust +1

 

Stefan Kallensee

Konzept: pedantischer Museumsdirektor

Dilemma: Manchmal werde ich eben wütend.

Sünde: (Angst) Irgendwann werde ich der Verlockung unterliegen.

 

Sogar die anderen Kultisten im Bund des Willens haben keine Ahnung, weshalb Stefan Kallensee wirklich dem Kult verfiel und den Pakt mit Mikara einging. Sie denken, der pedantische Kunstliebhaber ließe sich durch die Dämonin vor allem seinen Wünsch erfüllen, der jüngste Museumsdirektor des Landes zu werden. Jedes neue angesehene Kunstwerk, das Stefan für sein Museum sichern kann, führen sie auf Mikaras Wirken zurück.

Dabei mischt sich diese nur selten in Stefans Berufsleben ein. Die wenigsten Bünde der beiden behandeln Kunstwerke. Kallensees beruflicher Erfolg ist größtenteils ein Werk seiner Ordnungsliebe (bzw. Pedanterie), seines Fleißes und seiner Getriebenheit.

Der wahre Hintergrund des Pakts ist sehr viel düsterer: Stefan Kallensee ist pädophil. Er ist allerdings kein Kinderschänder. Bisher verfiel er nie seinem Verlangen und bediente sich an einem Kind. Doch er fürchtet stets, irgendwann die Kontrolle über sich zu verlieren.

Und seine Angst davor ist Mikaras mächtigstes Mittel. Oft geht Stefan einen Bund nur dafür ein, dass Mikara ein junges Mädchen aus seinem Lebensumfeld entfernt. Wenn dabei unschuldige Familien aus ihrer Wohnung gescheucht werden müssen, dann ist das eine traurige, aber unvermeidliche Konsequenz. Ab und zu aber wird das Verlangen zu stark und er muss sich auf die Dämonin als Ventil einlassen, die ihm stets in Gestalt eines kleinen Mädchens erscheint.

Auch sein Jähzorn bringt ihn manchmal in Schwierigkeiten. Aber seine Wut keimt vor allem, wenn ihn jemand unabsichtlich in Versuchung führt. Beispielsweise wenn ein Lehrer bei einem Museumsbesuch die Kinder mit ihm allein lässt, wird er ihn zusammenstauchen mit dem Vorwand, seine Aufsichtspflicht verletzt zu haben.

Stefan Kallensee ist 25 Jahre alt, hochgewachsenen und schon fast ungesund dürr. Sein blondes Haar ergraut bereits deutlich. Er trägt eine Hornbrille, die tatsächlich keinerlei Stärke hat und nur sein Aussehen als Kunstkenner unterstreichen soll.

 

Mikara erscheint Stefan immer als hübsches kleines Mädchen, meistens blond mit Zöpfchen und in einem roten Kleid.

Erholungsrate: 1 / Angst +4 / Faulheit +0 / Habgier +1 / Jähzorn +3 / Maßlosigkeit +2 / Neid +1 / Stolz +2 / Wollust +3

 

Zacharias Hess

Konzept: ungeliebter Sohn

Dilemma: Seit neustem interessieren mich die Weiber.

Sünde: (Faulheit) Effizienz ist größter Erfolg bei minimalem Einsatz.

 

Johannes und Ariane Hess waren wirklich nie gute Eltern. Sie hatten ihren Sohn nicht aus Liebe zu Kindern, sondern weil es für sie einfach irgendwie dazu gehörte. Dem entsprechend wurde er nie mit viel Liebe oder auch nur Aufmerksamkeit gesegnet. Dafür aber werden auch nur wenige Ansprüche an ihn gestellt. Wenn sich der Vierzehnjährige an die Regeln hält, gute Noten bekommt und seine Eltern in Ruhe lässt, dann gefällt das seinen Erziehungsberechtigten sehr. Für mehr Ansprüche ist er ihnen nicht wichtig genug. Sie führten ihn gerade noch in den Bund des Willens ein – jedoch nicht, um ihm einen Gefallen zu tun, sondern damit er auch einem Pakt unterliegt und sie nicht vielleicht verraten kann.

Entsprechend wenig motiviert geht Zacharias durchs Leben. Er ist wirklich beeindruckend faul und will all seine Wünsche ohne Aufwand erfüllt sehen. Da hilft im Attaleus doch gerne. Die Bünde zwischen den beiden bestehen meistens darin, dass Attaleus eine Aufgabe für seinen Paktierer übernimmt oder einen anderen Weg des geringsten Widerstands findet (z. B. einen Lehrer für eine bessere Note besticht oder erpresst). Der Preis dafür wird dann später bezahlt – meistens in Form von Verbrechen oder Zahlungen an terroristische Organisationen. Zacharias hat da wenig Probleme mit. Seine Eltern haben jede Menge Geld und solange er locker bleiben kann, darf die Kohle auch gerne an die Mafia oder den IS gehen.

In den letzten Monaten kam zur Faulheit noch ein weiteres Verlangen hinzu: Zacharias hat Interesse an Mädchen und Frauen entwickelt. Auch hier minimiert er natürlich seinen Aufwand. Attaleus nutzt seine Macht regelmäßig dafür, Prostituierte dazu zu bringen, einen Minderjährigen zu empfangen.

 

Attaleus gibt sich für Zacharias stets die Gestalt eines entspannten Latinos in lockeren Klamotten. Er trägt Rasterlocken und oft folgt ihm der Geruch von Marihuana.

Erholungsrate: 1 / Angst +1 / Faulheit +4 / Habgier +2  / Jähzorn +1 / Maßlosigkeit +3 / Neid +2 / Stolz +0 / Wollust +3

 

Faust: Dämonenblatt

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Das Dämonenblatt zu Lichtbringers Fate Adaption von Faust:

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Charakterblatt Faust Fate Core A4

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Charakterblatt Faust Turbo-Fate A5

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Der Beitrag Faust, der Tragödie gespielter Teil (2) – Lichtbringer adaptiert erschien zuerst auf FateRpg.de.

„Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war

Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar.“

– Mephisto

 

Goethes Faust ist und bleibt der Deutschen liebstes Theaterstück (zumindest der erste Teil). Das Drama darüber, wie sich ein unzufriedener Wissenschaftler vom Teufel verführen lässt, begeistert jede Generation aufs Neue (es sei denn, die Generation wird in der Schule dazu gezwungen, dann weiß sie es oft wenig zu schätzen). Also wäre meine Reihe über Adaptionen wohl kaum vollständig, wenn ich nicht auch diese Form des Dramas anböte. Deshalb geht es in diesem Artikel darum, wie man mit Fate eine Runde von Paktierern spielt, die sich der Finsternis für Macht verkauft haben.

Es wird allerdings nicht direkt um den Teufel persönlich gehen. Wenn man nur eine Hauptfigur hat, dann reicht ein einzelner Verführer aus. Für eine Spielrunde ist es aber hilfreicher, wenn jeder Spielercharakter einen eigenen Dämon hat, mit dessen Verführungen er ringt. Während der Charaktererschaffung wird deshalb für jeden SC ein eigener Dämon erstellt, mit dem er einen Pakt eingegangen ist. Dieser Dämon wird später nicht etwa von der Spielleitung, sondern von einem Mitspieler kontrolliert.

Es sollte vielleicht schon zu Beginn festgestellt werden, dass die Charaktere der Spieler nicht böse sein müssen. Es könnten ebenso gut Menschen sein, die sich verführen lassen oder einfach verzweifelt sind.

Übrigens: Wer sich im weiten Feld der Rollenspiele etwas besser auskennt, wird bemerken, dass diese Adaption sich an die Weisheit von Walter Moers hält: „Bei einem Dichter klauen ist Diebstahl, bei vielen Dichtern klauen ist Recherche.“ Die Mechanismen, die hier vorgestellt werden, sind Sorcerer und Wraith: The Oblivion entlehnt. Ehre, wem Ehre gebührt.

 

Einschub: Keine Theologie, bitte.

„Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?“

– Margarete

 

Ich kann nicht fassen, dass ich das schreiben muss, aber das Internet ist eine unbegrenzte Quelle künstlicher Aufregung. Daher eine Klarstellung, die eigentlich in die Zeit der Panikmache in den 80ern gehört:

Dieser Text ist Fiktion – reine Fiktion. Er trifft einige Annahmen dazu, dass es Dämonen gibt und wie diese funktionieren, die der Autor selbst nicht glaubt. Außerdem legt er sich auf eine spezifische Liste von sieben Todsünden fest – ein theologisch umstrittenes Thema.

Doch dieser Artikel soll keine theologische Diskussion lostreten und auch niemanden zum Satanisten machen. Nicht dass der Autor irgendetwas gegen Satanisten hätte, er hat nur kein Bock auf Internetgezeter. Das muss nun echt nicht sein.

 

Korrumpierte Charaktere und ihre Dämonen erstellen

„Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“

– Faust

 

Als erster Schritt der Charaktererschaffung sollte sich die Runde überlegen, was genau ihre Charaktere eigentlich alle zu Paktierern macht. Schließlich sollen sie nicht nur etwas gemein haben, sondern auch allesamt mit dämonischen Mächten im Bunde sein. Da wäre ein ziemlich großer Zufall, wenn es keine gemeinsame Ursache gibt. Außerdem kann diese Gemeinsamkeit der Gruppe Zusammenhalt geben, damit sich diese nicht schon in der ersten Sitzung spaltet. Das ist bei einer Gruppe Paktierern leider nicht so unwahrscheinlich.

Die Gruppe könnte einfach einem Kult angehören. Dann wären die SC alle Mitglieder und hätte nicht nur ein zusammenhaltendes Element, sondern auch eine gemeinsame Ursachen.

Aber auch andere Ansätze wären möglich. Vielleicht sind sie alle an Krebs erkrankt und wählen den Pakt, um ihr Leben zu retten. Vielleicht haben sie aber auch einfach die Aufmerksamkeit der Dämonen auf sich gezogen. Es könnte eine schöne Kampagne sein, wenn man Jugendliche an einer Schule (oder in einer Clique) spielt, die so egoistisch und intrigant sind, dass die Dämonen auf ihre Machtspiele aufmerksam wurde. Ein solches Szenario eignet sich besonders, um Paktierer mit sehr unterschiedlichen Schwächen zu spielen. Um im Beispiel zu bleiben: Vielleicht ist eine Jugendliche durch Wollust beherrscht, ein anderer durch Jähzorn und eine dritte durch Stolz.

Nachdem dieser Rahmen abgesteckt wurde, kann es weitergehen.

 

Die Charaktererschaffung geschieht nach den typischen Phasen, die das Fate Core-Regelwerk vorsieht. Es kommt allerdings eine sogenannte Paktphase hinzu, in der beschrieben wird, wie und warum sich der Charakter auf einen Pakt einließ (aus Angst, Selbstsucht, Unwissenheit usw.). In dieser Phase wird jedem Spieler ein Mitspieler zugelost. Dieser hilft dabei, den Dämon zu erstellen, und wird diesen im Spiel auch verkörpern. (Ja, richtig. Der Dämon eines Spielercharakters wird nicht von der Spielleitung kontrolliert, sondern von einem Mitspieler.)

In der Paktphase muss sich der Spieler auch entscheiden, durch welche Sünde er den Verlockungen verfiel. Diese fällt für gewöhnlich in eine von acht Kategorien: Entweder bedient sich ein Dämon der Angst eines Charakters (zum Beispiel der Todesangst eines Krebskranken, der sich auf den Pakt einlässt, um leben zu dürfen) oder er geht den Weg über eine Charakterschwäche in Form einer der sieben Todsünden Faulheit, Habgier, Jähzorn, Maßlosigkeit, Neid, Stolz oder Wollust. (Es gibt andere Definitionen der sieben Todsünden, aber lasst uns hieraus wirklich keine theologische Debatte machen.) Diese Sünde bildet einen sechsten Charakteraspekt – ein wenig wie ein zweites Dilemma. Die Sünde eines Charakters kann bei einem bedeutenden Meilenstein geändert werden. Im Download-Bereich habe ich zwei Charakterblätter (eins für Fate Core in A4 und eins für Turbo-Fate in A5) für Faust bereitgestellt.

 

Aufgrund dieser Eingabe, wie der Charakter der dämonischen Macht verfiel, erstellt nun der zugeloste Mitspieler den Dämon zum SC. Ein Dämon verfügt von Natur aus über keinerlei Aspekte, auch wenn er natürlich welche im Spiel erhalten kann (durch die Aktion Vorteil erschaffen). Er hat jedoch eine Erholungsrate (zu Beginn 1) und kann mit diesen Punkten die Aspekte anderer gegen sie nutzen. Vor allem aber hat er Werte, mit denen er seinen Paktierer manipulieren kann. Dabei handelt es sich um Methoden, die zu den erwähnten Sorten von Schwächen gehören: Angst, Faulheit, Habgier, Jähzorn, Maßlosigkeit, Neid, Stolz, Wollust. Auf diese verteilt der Mitspieler die Werte +4 / +3 / +3 / +2 / +2 / +1 / +1 / +0. Ein Dämonenblatt für diese Daten findet sich unter den Downloads.

Um dem Dämon eine gewisse Aura des Mysteriösen zu verleihen, sollte ein Dämon einen fremdartigen Namen erhalten. Ich empfehle die Endungen -el (z. B. Irrjael, Marael), -eus (z. B. Helageus, Xanadeus) und -zar (z. B. Aschazar, Ignazar) für männliche Dämonen und -im (z. B. Heralim, Jualim), -ara (z. B. Gamerara, Zukrara) und -ja (z. B. Tremja, Melaja) für weibliche Dämonen.

 

Über die Natur von Dämonen

„Die Hölle selbst hat ihre Rechte?

Das find’ ich gut, da ließe sich ein Pakt,

Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schließen?“

– Faust

 

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass die oben definierten Werte eines Dämons nur bestimmen, wie gut ein Dämon seinen Paktierer manipulieren kann. Wie aber tritt er mit ihm in Kontakt? Und was kann ein solches Wesen in der Welt bewirken, um einem Menschen etwas anbieten zu können?

Dämonen sind Urmächte des Bösen. Sie sind keine Personen im eigentlichen Sinne, sondern Verkörperungen ewiger Prinzipien. Als übernatürliche Wesenheiten sind sie nicht an dieselben Regeln gebunden wie die Menschen, denen sie erscheinen. So können sie ihr Aussehen praktisch nach Belieben formen, wobei die meisten Dämonen aus unklaren Gründen bevorzugt als Menschen eines spezifischen Geschlechts auftreten. Wer sie öfter sieht, wird bald ein spezifisches Aussehen mit ihnen verbinden, wobei niemand weiß, ob derselbe Dämon dem nächsten Opfer nicht ganz anders erscheinen wird. Es ist auf jeden Fall so, dass sie für unterschiedliche Beobachter zugleich vollkommen unterschiedlich aussehen oder gar unsichtbar sein können. So erscheinen sie oft nur ihrem Paktierer, sind ansonsten aber für niemanden zu sehen.

Ein Mensch, der mit einem Dämon einen Pakt geschlossen hat, kann diesen jederzeit rufen. Die meisten Dämonen werden jedoch nur erscheinen, wenn ihr Paktierer allein und unbeobachtet ist. Schließlich sind sie Wesen des Verborgenen. Prinzipiell kann ein Dämon auch jederzeit auf den Menschen zugehen. Unter welchen Umständen er dies auch tut, hängt sehr von der Lage ab. Für gewöhnlich erscheint er nur, wenn sein Paktierer gerade schwach ist und sich weiter verführen lassen könnte. Im Spiel funktioniert dies so, dass der Spieler des Dämons erfragen kann, ob sein Dämon dem Spielercharakter des Mitspielers erscheinen darf. Wenn es passend und dramatisch sinnvoll ist, sollte die Spielleitung dem zustimmen.

(Der Sinn hinter dieser erforderlichen Zustimmung ist einfach, dass sich nicht zu viel Aufmerksamkeit auf ein oder zwei Dämonen richtet, die sich die ganze Zeit nicht zurückhalten können.)

Eine Szene zwischen Dämon und Paktierer wird meistens auf einen sozialen Konflikt hinauslaufen, in der der Dämon den Menschen zur Finsternis verführen oder drängen will.

 

Der Weg des Verfalls ist für einen Dämon immer der des Pakts, der sich in verschiedene Bünde gliedert. Der Pakt zwischen Dämon und Mensch bedeutet nur, dass die beiden zusammenarbeiten. Aber jeder Gefallen, jede Hilfe, die ein Mensch von einem Dämon bekommt, erfordert einen sogenannten Bund. Ein Bund bedeutet einfach ein Abkommen, in dem der Dämon sich verpflichtet, etwas für den Paktierer zu tun, und der Mensch sich im Gegenzug dazu verpflichtet, etwas für den Dämon zu tun. Die Kosten eines Bundes beginnen meistens recht harmlos (z. B. mit einem Diebstahl oder eine intriganten Lüge) und werden von Mal zu Mal höher (nach ein paar Jahren könnte es durchaus um das rituelle Opfer eines Kindes gehen). Wenn ein Mensch seine Versprechen nicht einhält, wird der Dämon ihn dafür bestrafen. Diese Strafe fällt nach Möglichkeit so aus, dass es den Menschen noch weiter in die Abhängigkeit treibt.

Tatsächlich sind Dämonen derart mächtig, dass sie fast alles bewirken könnten. Sie tun es aber nicht, denn sie haben kein Interesse daran, Häuser einzureißen oder Völkermord zu begehen. Alles, was die Dämonen antreibt, ist das Bedürfnis, die Seelen der Menschen möglichst tief in die Verdammnis zu treiben. Alles andere ist für sie nur Mittel zu diesem Zweck – seien es Dienste in einem Bund, der Preis für diese Dienste oder die Art der Strafe, sollte der Paktierer seinen Teil der Abmachung nicht einhalten. Dabei verdammt sich ein Sterblicher umso mehr, je weniger Druck oder Verlockung auf ihn einwirkte. Natürlich könnte ein Dämon einen Menschen einfach foltern, bis dieser allem zustimmt. Aber unter Folter dem Dämon nachzugeben, wird die Seele höchstens ein wenig belasten.

Mit Zustimmung der Spielleitung kann ein Spieler seinen Dämon (als den Dämon, den er kontrolliert, nicht den, mit dem sein SC paktiert) für einen Bund also fast Beliebiges tun lassen, aber es sollte immer im Hinterkopf bleiben, dass er nur so wenig wie möglich für den höchst möglichen Preis bewirken wird. Ein Dämon darf allerdings niemals in die freie Entscheidung eines Menschen eingreifen. (Dazu später mehr.)

Als beispielsweise Mephisto dem Faust das Gretchen sichern will, bemüht er sich um Schmuckgeschenke, anstatt Faust einfach zum Gottkaiser auszurufen. (Und die freie Entscheidung des Mädchens zu erzwingen, dürfte er erstrecht nicht.) Ebenso wird ein Dämon, der gerufen wurde, um Reichtum zu bringen, nur so wenig Wert stehlen, wie er muss.

Es gibt noch einen weiteren Grund für diese Zurückhaltung: Die Dämonen halten sich auch ein wenig an die Weisheit, der größte Trick des Teufels sei, die Welt überzeugt zu haben, es gebe ihn gar nicht. Die Aura des Geheimen, des nur wenigen Auserwählten Zugänglichen ist den Dämonen sehr nützlich. Viele Paktieren lassen sich dadurch viel besser verführen, weil sie sich so besonders fühlen. Auch deshalb neigt ein Dämon zur Subtilität und Unauffälligkeit.

Es sei denn, er kann damit den Paktierer unter Druck setzen. Am Ende geht es dem Dämon ja ausschließlich darum, einen Mensch immer tiefer in den Abgrund zu führen. Oft hilft es da, den Menschen bedrängen zu können. Gerade vage formulierte Wünsche nutzt ein Dämon gelegentlich, um sie auf eine Weise zu erfüllen, die dafür sorgt, dass er den Menschen in der Hand hat. Vielleicht stiehlt er ein teures Gemälde und der Mensch braucht nun seine Hilfe, damit die Polizei ihn nicht findet (die Drohung, alle bisherigen Verbrechen auffliegen zu lassen, ist ein Klassiker für Dämonen). Wenn ein Paktierer einen Konkurrenten ausgeschaltet haben will, dann könnte der Dämonen diesen mit einem Küchenmesser erstechen, auf dem noch die Fingerabdrücke des Paktierers sind. Für einen weiteren Bund entfernt er diese natürlich gerne.

Auch der Entzug der Hilfe ist für viele Dämonen ein Mittel, um Druck aufzubauen. Wenn z. B. ein Paktierer wegen einer Krankheit sich einem Dämon verschrieb, dann kann ein Dämon oft einen neuen Bund erwirken, wenn er nur droht, die Heilung abzubrechen.

Dämonen sind auch hier meistens subtil und sind daher auch bemüht, nicht zu viel Druck aufzubauen. Viele kleine Schritte führen ihre Opfer oft viel tiefer ins Verderben als zu grobe Stöße. Dämonen sind zeitlose Mächte, sie haben Geduld.

Was sie jedoch niemals können, ist die freie Entscheidung eines Sterblichen zu verletzen. Das ist kein Verbot im menschlichen Sinne. Man bedenke, dass Dämonen Urkräfte sind. Sie können die freie Entscheidung ebenso wenig verletzen wie die Gravitation die Energieerhaltung. Natürlich setzen sie Täuschung und Manipulation mit Begeisterung ein und verwenden auch manchmal Gewalt (in Maßen, weil es wie gesagt den Schaden für die Seele verringert), aber die freie Entscheidung ist für sie unverletzlich. Sie können durchaus jemanden beeinflussen. Sie können einen Menschen auch dazu bringen, seinen Geist selbst zu umnebeln, aber sie tun es nie direkt. Beispielsweise könnte ein Dämon, der seinem menschlichen Paktierer einen Bund der Wollust angeboten hat, das Ziel der der Begierde nicht einfach verhexen, damit sie sich hingibt. Aber er kann es durchaus dazu überreden, sich bis zur Wehrlosigkeit zu betrinken, um den Paktierer zur Vergewaltigung zu verleiten.

Am Ende einer Szene, in der ein Dämon versuchte, seinen Paktierer zu verführen, führt die Spielleitung eine Auswertung durch. Wenn sie findet, dass der Mensch seinem Dämon widerstehen konnte, bekommt der Spieler des Menschen einen Fate-Punkt. Wenn dagegen der Dämon erfolgreich dessen Seele weiter verdammt hat, bekommt der Spieler des Dämons einen Fate-Punkt, den er für seinen Spielercharakter verwenden darf. Wenn es keinen klaren Sieger gibt, erhält niemand etwas.

 

Wie erwähnt sind Dämonen am Ende Naturgewalten. Sie treten in der Form von Personen auf, aber sie sind keine. Daher haben Dämonen von Natur aus auch keinerlei Aspekte. Dafür haben sie eine Erholungsrate, die beschreibt, mit wie vielen Schicksalspunkten sie in eine Szene starten, in der sie ihren Paktierer treffen. Damit können sie Aspekte gegen diesen einsetzen.

Im Verlauf des Spiels sollte der Verführung natürlich immer schwerer zu widerstehen sein. In dieser Adaption wird der Verfall des Paktierers dadurch dargestellt, dass sein Dämon mächtiger wird. Wenn ein Paktierer zu einem Bund verführt wurde, der besonders schrecklich und deutlich finsterer ist als seine vorherigen Verbrechen, kann die Spielleitung den Dämon belohnen. Sprich: Die Erholungsrate des Dämons steigt um einen Punkt, so dass er seinen Paktierer noch besser beeinflussen kann. (Man könnte auch den Spielercharakter für die Einflüsterungen empfänglicher machen, aber erfahrungsgemäß funktionieren positive Rückkopplungen bessern, um ein Spielverhalten zu fördern.) Natürlich lassen sich die dämonischen Mächte nicht einfach abwehren, indem ihre Opfer wehrhafter werden. Ihre Ressourcen sind schließlich fast unbegrenzt. Wenn ihr Paktierer mächtiger wird, ziehen daher auch die Dämonen an. Ein großer Meilenstein für einen Charakter erhöht auch immer die Erholungsrate seines Dämons um einen Punkt. Die Methodenwerte eines Dämons dagegen sind seine innerste Natur und können sich niemals ändern.

 

Deshalb ist die beste Lösung für einen SC, seinen Pakt zu überwinden, seine Sünde als Zwischenschritt auf eine andere Schwäche zu ändern, die sein Dämon schlechter nutzen kann. Ein wenig, wie es leichter ist, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn man dafür Unmengen Schokolade isst. (Ob ein Spieler diesen Weg für seinen Charakter will oder auch nur plausibel findet, ist eine andere Frage und am Ende natürlich ihm überlassen.)

Man kann natürlich auch den umgekehrten Weg wählen. Mit etwas Vorausplanung wäre es ein guter Weg, dass der Dämon sein Opfer erst mit einer Sünde verführt und ihn dann zu einer anderen Sünde bringt, in der er noch verführerischer ist. Um wieder Faust I als Beispiel anzuführen: Mephisto erwischt Faust zuerst über dessen Maßlosigkeit, weil dieser sich nicht mit seinem Leben zufrieden geben will, führt ihn dann aber durch die Wollust in den Untergang.

 

Ende des ersten Aktes

Nachdem ich alle allgemeinen Konzepte dieser Adaption vorgestellt habe, wird es im zweiten (und letzten) Akt um die Handlungen gehen, die man damit spielen kann. Vor allem werde ich fünf Beispielcharaktere beschreiben.

Faust: Dämonenblatt

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Charakterblatt Faust Fate Core A4

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Der Beitrag Faust, der Tragödie gespielter Teil (1) – Lichtbringer adaptiert erschien zuerst auf FateRpg.de.

Die vielleicht wichtigste Figur für die Geschichte der letzten 120 Jahre trägt einen Namen, den heute kaum jemand kennt: Gavrilo Princip – jener serbische Freiheitskämpfer/Terrorist, der am 28. Juni 1914 den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand erschoss und damit die explosive Atmosphäre zwischen den europäischen Mächten entzündete. Die Folge war der Erste Weltkrieg, die Jahrhundertkatastrophe, in der 17 Millionen Menschen sterben sollten.

Dieser Text dreht sich nicht bloß um jenen Krieg. Diese Fate-Adaption dreht sich ganz allgemein um eine Vorstellung von Krieg und Gewalt, die in Folge jenes Krieges erwuchs.

Bis zum Ersten Weltkrieg war die Darstellung von Kampf und Krieg in Romanen meist jene, die wir auch heute noch kennen: als spannend oder heroisch, als eine „positive“, männliche Erfahrung.

Der Erste Weltkrieg zerschlug diese Illusionen. Es hat wenig Heroisches, von Giftgas entstellt zu werden.

Daher schildern Bücher und Filme nach dem Großen Krieg die Schlachten sehr viel düsterer.

 

Zur Klarstellung: Ich habe nichts gegen die alte Weise, Kämpfe darzustellen. Ich mag Action-Filme und sehe durchaus den Sinn spannender Kämpfe im Rollenspiel. Wer Mantel-und-Degen spielen will, will sich nicht mit posttraumatischem Stress herumschlagen.

Aber vielleicht mag man auch ab und zu etwas emotionaleres Spiel erleben, in dem die Grauen des Krieges thematisiert werden. Es kann sicher nicht schaden, diese Option zu haben. Ich zumindest finde es wirklich schade, dass diese Geschmacksrichtung im Rollenspiel so gut wie gar nicht vorkommt. Während es hunderte von Seiten über den tollkühnen Kampf gibt, schreibt fast niemand über die Kehrseite von Gewalt. Dabei ist gerade Fate mit dem Mechanismus der Konsequenzen und den oft psychischen Aspekten besonders für eine solche charakterliche Spieltiefe geeignet.

An dieses Interesse richtet sich diese Adaption, die einen Regelsatz darstellt, mit dem hoffnungsloses Ringen in beliebigen Szenarien abgebildet werden können. Es mag der Erste Weltkrieg oder ein anderer Krieg sein. Es könnte aber genauso gut der Widerstand gegen einen finsteren Besatzer sein oder das (metaphorischere) Ringen der Häftlinge in Guantanamo darum, am täglichen Wahnsinn nicht zu zerbrechen.

Übrigens: Ich bin kein Psychologe.

Ich weiß nicht, ob ich das explizit erwähnen sollte, aber ich bin kein Psychologe und habe wenig Ahnung von Kriegstraumata, psychologischer Belastung usw. Aber da die wenigsten Rollenspiele von Leuten geschrieben werden, die mit Schwertern und Streitkolben kämpfen können (geschweige denn Feuerbälle werfen), rede auch ich mich damit heraus, dass es ja um das Einfangen des Dramas und nicht der Realität geht. Trotzdem sollte natürlich niemand diesen Text als medizinische Beratung oder Fachmeinung auffassen.

Für den Fall, dass ein psychologischer Fachmann diesen Text liest, besteht aber kein Grund für ihn zu verzweifeln. Die Mechanismen erfordern genügend menschliches Ermessen (beispielsweise bei der Benennung von Konsequenzen), dass der Fachmann als Spielleitung hier realistisch dirigieren kann.

Wie man durchhält

Irgendwie muss ein Charakter mit den Grauen des Krieges klarkommen, mit denen ihn der Horror der täglichen Bedrohung konfrontiert. Deshalb ist die erste Frage dieser Adaption, mit welcher Fertigkeit das Durchhaltevermögen eines Charakters beschrieben wird.

Unter den Grundfertigkeiten wäre hier Wille zu nennen. Aber je nach Welt (oder vielleicht je nach individuellem Charakter) könnten hier andere Werte zum Einsatz kommen. Vielleicht lässt sich ein Gotteskrieger durch seinen Glauben motivieren oder ein Faschist durch seinen Fanatismus und ein Patriot durch seine Treue zu Kaiser und Vaterland – all diese könnte man als Fertigkeiten beschreiben. Solche alternativen Werte können auch gut parallel zur Fertigkeit Wille existieren, so dass sie gegen Traumata gewürfelt werden (dazu gleich mehr), während Wille weiterhin seine alte Rolle spielt und unter anderem die geistigen Stressboxen festlegt.

Im Folgenden wird die Fertigkeit oder die Fertigkeiten, die den mentalen Widerstand des Charakters gegen die Schrecken des Krieges abbildet, als „Belastbarkeit“ bezeichnet.

Was Einen zermürbt

Die Zermürbung des Soldaten oder anderen Kriegsteilnehmers kann mit Fate in zwei Mechanismen gefasst werden: Drastische Ereignisse in Form von mentalen Angriffen und schleichende Zermürbung durch Traumapunkte, die ich für diese Adaption entwickelt habe.

 

Wenn einem Charakter ein dramatischer Zwischenfall widerfährt, dann wird dies einfach wie ein geistiger Angriff abgehandelt, gegen den sich der Charakter mit seiner Belastbarkeit verteidigt.

Die Höhe dieses Angriffs auf der Stufenleiter legt die Spielleitung danach fest, wie schrecklich das Ereignis war. Dabei sollte sie berücksichtigen, wie direkt es den Charakter traf und wie häufig dieser zuvor schon mit ähnlichen Situationen konfrontiert gewesen war.

Sollte der Charakter den Schaden nicht durch Stresskästchen oder Konsequenzen abfangen können (also ausgeschaltet werden), dann zerbricht er an den Schrecken des Kriegs. Vielleicht wird er katatonisch oder nimmt sich das Leben, vielleicht wehrt er sich nicht mehr und wird getötet, vielleicht verfällt er völlig dem Fanatismus und opfert sich für seine Sache.

 

Das Problem mit dieser Regelung ist jedoch, dass sie nur große, einzelne Ereignisse abbilden kann. Für die langsame Zermürbung ist sie nicht feinkörnig genug.

Um den schleichenden Verfall in Regeln zu gießen, welche eine steigende Spannungskurve erzeugen, schlage ich die Traumapunkte vor. Ein Charakter starten mit der zehnfachen Anzahl an Traumapunkten als er geistige Stressboxen hat. (Wenn er zum Beispiel drei geistige Stressboxen hat, dann beginnt er mit 30 Traumapunkten.)

Ähnlich wie bei tragischen Ereignissen wird auch dieser allmähliche Verfall durch Angriffe abgehandelt, gegen die man sich mit seiner Belastbarkeit verteidigt. Je nachdem, wie angespannt die Lage aktuell ist, kann die Spielleitung die Höhe und die Häufigkeit dieser Angriffe anpassen. Wenn der Charakter aufgrund einer gescheiterten Verteidigung Schaden nimmt, wird dieser von den Traumapunkten abgezogen.

Seine Kampfmoral zu verlieren, kann ebenso gefährlich sein, wie verletzt zu werden. Für jede zehn Punkte, die der Traumapunktewert unter seinen Startwert fällt, wird ein körperliches und ein geistiges Stresskästchen blockiert. (Z. B. nach dem Verlust der ersten zehn Traumapunkte stehen die 1er Boxen nicht mehr zur Verfügung, um körperliche oder geistige Angriffe zu vermindern.) Dadurch wird ein belasteter Charakter schneller verletzt oder geistig zerstört.

Lange Zeiträume der Erholung können einem Charakter seine Traumapunkte zurückbringen. Doch dafür braucht er wirklich längere Zeit abseits der tägliche Bedrohung des eigenen Lebens.

Wenn ein Charakter dagegen all seine Traumapunkte verliert, dann erhält er sofort neun davon wieder, erleidet dafür jedoch eine extreme geistige Konsequenz, die seine chronische psychische Schädigung darstellt.

(Dem mathematisch aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass es leichter zu rechnen wäre, wenn man Traumapunkte erhielte, anstatt sie zu verlieren. Der Grund, es anders zu machen, liegt an einem psychologischen Phänomen namens Verlustaversion. Es belasten uns Verluste mehr als Gewinne. Selbst wenn wir eigentlich negative Dinge gewinnen, empfinden wir es immer noch als weniger schlimm als wenn wir die entsprechende Menge positiver Dinge verlören. Um diese psychologischen Effekt für die Stimmung zu nutzen, sind die Traumapunkte über Verluste definiert.)

 

Auf diese Weise kommt man natürlich schneller als sonst zu einer extremen Konsequenz. Dies ist jedoch kein Hindernis, sondern kann als Mittel gesehen werden, um den Schaden des Krieges abzubilden. Anders als nach den Fate-Core-Grundregeln kann ein Charakter in dieser Adaption bis zu drei extreme Konsequenzen auf einmal tragen, ohne einen großen Meilenstein zur Regeration zu brauchen.

Das betrifft allerdings vor allem geistige Konsequenzen, da eine extreme körperliche Konsequenz vermutlich zur Folge hätte, dass der Charakter als Krüppel heimgeschickt wird.

Dies könnte man allerdings auch als Form des Ausschaltens in einem körperlichen Konflikt verwenden: Anstatt zu versterben, kann ein Spielercharakter aus dem Spiel scheiden, indem er so schwer verletzt wird, dass man ihn danach in Bandagen ins Lazarett schickt. Der Spielleiter sollte diese Option als dramaturgisches Mittel im Hinterkopf behalten.

Was Einen motiviert

Natürlich ist auch im Krieg noch längst nicht alles düster und furchtbar. Insofern gibt es immer auch Quellen der Motivation, die ein Charakter nutzen kann.

 

Zunächst einmal ist das die Kameradschaft, die zusammenschweißt. Die Truppe sollte auf jeden Fall einen Gruppenaspekt haben (z. B. „der Glorreichen Schwarm bleibt unbezwungen“ oder „die Roten Säbel müssen zusammenhalten“). Diesen Aspekt kann ein Charakter unter anderem immer einsetzen, wenn er auf Belastbarkeit würfeln muss. Außerdem kann er in Ruhephasen etwas mit den Kameraden unternehmen, um freie Einsätze für diesen Aspekt zu erzeugen.

In Ausnahmefällen mag die Spielleitung diese Gemeinschaftsaktionen auch als Rechtfertigung nehmen, um wenigstens ein paar der schwindenden Traumapunkte zu regenerieren.

Kameraden machen aber natürlich auch verwundbar. Einen Kameraden zu verlieren, sollte ein besonders dramatischer Schicksalsschlag sein, der sowohl geistigen Stress als auch Traumapunkte kosten sollte.

 

Es gibt aber noch ein zweites stabilisierendes Mittel, mit dem die Kampfmoral gehalten wird: Alkohol und Drogen. Die Rumration sicherzustellen, war nicht umsonst eine der zentralen Aufgaben des britischen Militärs im Großen Krieg. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die deutschen Soldaten gar mit Methamphetamin vollgestopft. Rausch gegen den Wahnsinn.

Auch hier kann die Spielleitung Traumapunkte anbieten. Dafür besteht aber natürlich die Gefahr der Abhängigkeit, was vermutlich mit einem permanenten Aspekt geregelt werden sollte.

Worauf man hofft

Am Ende hofft jeder Soldat nur auf eines: dass der Krieg endet. Die Entwicklung des Konflikts als Ganzes bedarf daher auch einiger Beachtung.

Dafür bietet Fate zum Glück mit dem Fraktal ein einfaches Mittel an: Die beiden Streitmächte erhalten Aspekte, Fertigkeiten und Stressbalken (für die Erschöpfung der Kriegsressourcen). Ob die Streitmacht nur eine Kriegsfertigkeit bekommt oder ob man diese nach weiteren Besonderheiten aufspaltet (z. B. für Offensive und Defensive oder nach Region oder nach Jahreszeit – die russische Armee ist erstaunlich gut im Winter), ist Geschmackssache.

Vor jedem neue Szenario oder Spielabend würfle man eine Überwindenprobe mit der passenden Kriegsfertigkeit gegen aktiven Widerstand der Feindmacht. Je nachdem, um wie viele Stufen man gewinnt oder verliert, entwickelt sich der Krieg.

 

Das wirft natürlich die Frage auf, wie diese abstrakte, höhere Ebene regeltechnisch mit den Taten der Spielercharaktere verzahnt werden. Sprich: Wie wirkt sich der Verlauf des Krieges im Großen auf das Leben der Soldaten im Kleinen aus? Und wie können deren Taten den Ausgang des Kriegs beeinflussen?

Die simpelste Möglichkeit wäre, diese Verzahnung einfach gar nicht zu verwenden. Das mag zunächst sehr sinnlos wirken, aber das ist tatsächlich Absicht. Wenn man die Taten der SCs als besonders sinnlos und absurd hoffnungslos darstellen will, sollten ihre Taten auf den Krieg als Ganzes einfach gar keinen Einfluss haben.

 

Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Handlungen der Spielerfiguren für den Krieg Vorteile erschaffen können. Dann kann die Entwicklung durch freie Einsätze und Fate-Punkte der Spieler beeinflusst werden. Natürlich bedeutet eine gescheiterte Mission, dass der Feind einen Vorteil bekommt, den die Spielleitung nutzen kann.

Man sollte dann die Spielercharaktere auch direkt mit der Entwicklung des Krieges konfrontieren, damit diese kein reines Abstraktum bleibt, sondern die Spieler wirklich mitfiebern, wenn die Konfliktentwicklung ausgewürfelt wird. Ein einfaches Mittel wäre, dass jene Seite, die den Wurf gewinnt, die Zahl der Erfolgsstufen als zusätzliche Fate-Punkte erhält. Gehen diese an die Spieler, werden diese zu Gruppen-Fate-Punkten, auf die jeder Zugriff hat.

Schlussbemerkungen

Wie vielleicht bei der Lektüre dieser Adaption klar wurde: Diese Sorte Rollenspiel ist nicht für jeden.

Sie ist einerseits nicht für jede Spielleitung. Es erfordert etwas Übung, die richtige Stimmung zu vermitteln. Außerdem sind die hier vorgeschlagenen Regeln sehr flexibel und die Spielleitung braucht genügend Augenmaß und Ermessen, um sie an die jeweilige Situation anzupassen.

Diese Thematik ist aber auch nicht für jeden Spieler geeignet. Sie kann bei der richtigen Stimmung am Spieltisch für wirklich ergreifende Momente sorgen, aber sie ist auch emotional belastend und arbeitet mit wirklich harten, grausamen Themen.

Um dieses Problem etwas abzumildern, kann man mit einem Vetorecht arbeiten, wenn das Spiel zu extrem für einen wird. Man kann (und vielleicht sollte) sich aber auch vor dem Spiel darüber austauschen, ob es vielleicht Tabuthemen gibt. In jedem größeren Krieg kommen willkürliche Tode vor (z. B. durch Eigenbeschuss, was die Amerikaner Friendly Fire nennen), die vielen Spielern nicht gefallen. Leider sind Vergewaltigung oft ebenfalls an der Tagesordnung, aber in vielen Runden aus nachvollziehbaren Gründen ein Tabuthema.

Welche Schrecken des Krieges man mit dieser Adaption abbildet, kann zum Glück flexibel angepasst werden.

 

Titelbild via Wikipedia

Der Beitrag Im Schicksal nichts Neues – Lichtsbringers Adaption der Schrecken des Krieges erschien zuerst auf FateRpg.de.

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3. Der Weg in die Praxis

Der dritte (und letzte) Teil meiner Adaption des Potterversums soll ein paar praktische Ansätze bieten. Vor allem ein paar Abenteuerideen finden sich hier.

Taktile Elemente

Was Spieler immer schnell ins Spiel bringt, sind taktile Elemente. Bei Fate sind hier vor allem die allgegenwärtigen Schicksalspunkte zu nennen. Man könnte bunte Kristalle nehmen oder kleine Blitze und Sterne aus Holz. Auch Jelly Beans wären eine Idee wert (wegen der Bohnen sämtlicher Geschmacksrichtungen) trotz der Warnung in vielen Fate-Regelwerken, nichts Essbares für die Punkte zu nehmen.

Um auch auf den ersten Blick Harry-Potter-Stimmung aufkommen zu lassen, habe ich auch ein A5-Charakterblatt erstellt, das sich im Download-Bereich findet.

Das wichtige Thema der Herkunft wird hier mit dem Feld „Eltern“ reflektiert. Der Eintrag erfolgt in der Kodierung [Vater]/[Mutter] mit M für Muggel, S für Squib, H für Hexe und Z für Zauberer. Insofern stünde M/M für einen Muggelstämmigen, Z/S für das Kind eines Zauberers und einer Squib und H/H für das Kind eines lesbischen Hexenpaars.

Zu guter Letzt: Ein Startpunkt in Form einiger Abenteuerideen

Es reicht eben nicht, voller Begeisterung für eine Spielwelt zu sein. Man muss als Spielleitung den Spielern auch etwas in dieser Welt zu tun geben. Daher möchte ich mit ein paar Abenteuerideen schließen.

Ich sollte vielleicht vorwarnen, dass diese Ideen für das Spiel mit Erwachsenen gedacht sind und nicht uneingeschränkt kindertauglich. (Wer sich darüber wundert, dass das Potterversum erwachsene Themen hergibt, sollte sich vor Augen führen, dass der Zaubereiminister am Ende des vierten Buchs einen Verdächtigen standrechtlich exekutieren lässt und davon nicht die geringsten Folgen zu befürchten hat.)

Außerdem sind sie unerprobt. Nachdem ich die Adaption meinen Spielern vorgestellt hatte, war einer von ihnen so Feuer und Flamme, dass er das Spiel gerne leiten wollte. Weil ich es immer gut finde, wenn eine Runde mehr als einen Spielleitungskandidaten hat, willigte ich ein. (Zumal ich mich ob seiner Begeisterung für meine Umsetzung natürlich auch sehr geschmeichelt fühlte.) Das hat aber den Effekt, dass keiner der folgenden Vorschläge je getestet wurde.

Die Spielrunde und der Schatten in der Nacht

Neuerdings berichten immer wieder Schüler, sie hätten nachts einen etwa 30 Jahre alten, ziemlich gruselig aussehenden Mann gesehen, der durch Hogwarts schleiche, Dinge stehle (vor allem Essen und andere Grundbedürfnisse) und plötzlich verschwinde, sobald man ihn aus den Augen verliere.

Der Hintergrund ist folgender: Viele Reinblutfamilien haben ein inneres Sanktum in ihren Häusern, das durch einen sogenannten Blutbann geschützt wird. Über diese Grenze können (ohne massiven Magie- und Gewalteinsatz) nur Leute treten, die das Blut des Erschaffers des Banns in ihrem Körper tragen oder trugen – entweder weil sie er oder dessen Nachfahre sind oder weil sie das Blut eines solchen Nachfahren durch ihre Plazenta über Monate im Leib trugen. (Hätte beispielsweise Lucius Malfoy einen Blutbann gewirkt, so wären er, Draco und Narcissa, die mit Draco neun Monate schwanger war, durchgelassen worden.)

Nun gibt es seit ein paar Jahren einen Einbrecher, der durch Blutbanne geht, als wären sie nicht da. Zuerst spekulierte man über ein uneheliches Kind zweier Familien, aber seit es sechs Opfer gab, kann diese Erklärung nicht stimmen. Wegen dieser rätselhaften Methoden ist der Dieb in aller Munde, den der Tagesprophet „Nachtschatten“ getauft hat.

In Wirklichkeit ist Marcus Nimrod als Einbrecher recht begabt aber nicht so genial, wie man ihm nachsagt. Er ist nur ein unregistrierter Animagus, dessen Tiergestalt eine Mücke ist. Also kann er sich mit Blut vollsaugen und einfach durch einen Blutbann fliegen.

Nach Hogwarts kam er, weil er langsam mal ein Ding drehen wollte, das auf einem anderen Prinzip basiert, damit er nicht doch noch erwischt wird. Er war sich sicher, in Hogwarts viel von Wert zu finden. Und als Mücke kommt man auch gut unentdeckt durch die großen Gänge.

Leider hatte er seine Rechnung ohne den Wirt gemacht. Gerade in diesem Jahr kam Lionheart an die Schule. Und dessen Sicherheitsbedachtheit ergänzt sich sehr gut mit der des Schulleiters Red. Um die Schüler noch etwas sicherer zu machen, errichten sie einen neuen Schutzkreis um das Schloss, so dass Animagi nur mit Erlaubnis einer Lehrkraft hereinkommen. Da kein Animagus aktuell in der Schule bekannt war, achteten sie nicht darauf, den Bann nur in eine Richtung wirken zu lassen. Deshalb saß Nimrod plötzlich fest.

Jetzt lebt er zunehmend verwahrlost in den geheimen Gängen der Schule. Früher oder später werden ihn ein paar Schüler schnappen und sehr überrascht erfahren, dass sie den legendären Nachtschatten ergreifen konnten.

Die Spielrunde und der unsichtbare Dieb

Ein anderes Detektivszenario, diesmal mit einem Dieb in der Schülerschaft, wäre folgendes:

In letzter Zeit werden immer wieder Wertgegenstände von Schülern oder der Schule entwendet. Das passiert meist am heller lichten Tag, ohne das irgendwem etwas aufgefallen wäre. Das Diebesgut sind für gewöhnlich wertvolle und schnell zu verstauende Objekte. Ob die Person, die immer wieder den Wischmopp der Hausmeisterin stiehlt, dieselbe ist, das glauben die Wenigsten.

Dabei ist der Mopp das zentrale Element des ganzen Coups. Nicole Nitterstone ist eine begabte Tränkebrauerin und fand eine wichtige Eigenschaft des Vielsafttranks heraus. Normalerweise sollte man es tunlichst vermeiden, Quellen von mehr als einer Person in den Trank zu tun, weil man sich in einen schmerzhaften, verzerrten Hybriden der beiden Leute verwandelt. Wenn man aber Quellen von sehr vielen Leuten nimmt, mitteln sich die Besonderheiten aus und man wird zu einer vollkommen durchschnittlichen und unscheinbaren Person. Nur dasselbe Geschlecht sollten alle Quellen haben.

Nitterstone klaut den Mopp der Hausmeisterin, weil er Hautschuppen praktisch aller Schüler enthält. Mit einem selbst entwickelten Zauber trennt sie diese nach Geschlecht und verwandelt sich dann in ein so vollkommen unscheinbares Mädchen, dass sie schon allein in einem Gang stehen müsste, damit irgendwer sie bemerkt.

Die Spielleitung kann diesen Umstand immer wieder andeuten, indem er sie in Nebensätzen erwähnt. Z. B.: „Durch den Gang eilen gerade [benannter NSC ], [benannter NSC #2] und [benannter NSC ], gefolgt von einer weiteren Schülerin und Professor Adams, die die vier mit ernster Miene vor sich hertreibt.“

Die Spielrunde und der innere Feind

Es kommt zu einer Häufung von Selbstmorden und selbstverletzendem Verhalten auf der Schule. Ein Hauself hat den Verstand verloren und verzaubert das Essen willkürlich ausgewählter Schüler, so dass sie davon Depressionen entwickeln.

Dieses Abenteuer könnte sehr gut funktionieren, wenn sich die Spielleitung heimlich einen Verbündeten unter den Spielern sucht, der glaubwürdig und subtil eine Depression ausspielen kann. Wenn der Spieler dazu bereit ist, kann sein Charakter zunehmend depressiv werden und sich vielleicht sogar das Leben nehmen, so dass die Gruppe plötzlich einen Freund verliert.

Je nach Spielrunde kann dies beim Spiel mit Jugendlichen womöglich auch ein Mittel sein, um psychische Gesundheit zu thematisieren.

Die Spielrunde und die Fremdlinge

Dieses Szenario ist viel mildere Kost. Durch einen Unfall kann eine der europäischen Schulen für ein halbes Jahr nicht genutzt werden und die gesamte Schülerschaft wird nach Hogwarts verfrachtet. Ob man mit den Fremdlingen Freundschaft schließt oder sich in Streichen bekämpft?

Die verwendete Schriftart ist Harry P von Phoenix Phonts.
Das Hogwarts-Wappen wurde von Jakovche auf Wiki Commons veröffentlicht.
Die Schrift ist als gemeinfrei und das Wappen als für nichtkommerzielle Nutzung frei (Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported) angegeben – in dem Maße, in dem dies sinnvolle Angaben sind für Werke, die (wie das Charakterblatt) auf Duldung durch die eigentlichen Urheber hoffen.
Das Artikelbild zeigt eine Illustration von Andette on DeviantArtDie Rechte für Harry Potter liegen bei J. K. Rowling bzw. Warner Bros.

Turbo-Fate Harry-Potter

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Der Charakterbogen für die Turbo-Fate Harry Potter Konversion von Lichtbringer.
Teil #1, #2, #3

Turbo-Fate_Harry-Potter.pdf 1.0
Sprachen: Deutsch
Anforderungen: PDF Reader
Kategorie: Fanmaterial
Datum: 30. November 2016

Der Beitrag Lichtbringer adaptiert das Harry-Potter-Universum (3) erschien zuerst auf FateRpg.de.

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2. Die Motive für eine Kampagne

Nachdem ich im letzten Artikel die allgemeinen Felder der Grundlagen und der Spielmechanismen abhandelte, schildere ich hier ein paar Details für eine mögliche Kampagne, die in Hogwarts im Jahre 2015 spielt.

Motive und Kampagnenaspekte

Wie bereits im ersten Teil erwähnt, ist es sehr hilfreich, die Motive der Potter-Romane aufzugreifen und (in abgewandelter Form) zu verwenden. Dieser Abschnitt behandelt dabei die übergreifenden Konzepte.

Die Geheimhaltung

Da ist zunächst die Geheimhaltung vor den Muggeln zu nennen, die im Hintergrund immer wieder wichtig wird. In den Romanen, die in den 90ern spielen, geschieht dies vor allem durch Gedächtniszauber.

Wir wollten 2015 spielen, wo praktisch jeder Muggel mit einem Kameratelefon durch die Gegend läuft, das jede Aufzeichnung von Magie sofort über das Netz auf dem halben Planeten verteilen kann (https://xkcd.com/1235/).

Erster Schritt: Muggelkunde ist die ersten zwei Jahre Pflichtfach in Hogwarts. Der Hauptfokus liegt darauf, die man im Verborgenen bleibt. Das erste Foto, das jeder in diesem Unterricht sieht, ist das zerstörte Hiroshima. Die Botschaft hier ist sehr klar: Muggel sind nicht böse, aber sehr gefährlich.

Ab dem dritten Jahr ist Muggelkunde dann Wahlfach und fokussiert sich viel eher darauf, Muggel zu verstehen und in ihrer Welt zurecht zu kommen.

In Folge dessen ist auch die Hochachtung von Reinblüter gerade am Kippen, deren Unwissen über Technologie man zunehmend als Bedrohung der Zauberwelt empfindet.

Aspekt: Die Geheimhaltung wankt.

Die neue Version des Blutstatus

Ich erachtete es auch für wichtig, dass die Herkunft einer Person bzw. eines Schülers weiterhin eine wichtige Frage des Ansehens ist, weil es nicht nur ein zentrales Motiv ist, sondern auch einen wichtigen Konflikt- und Reibungspunkt zwischen den Charakteren darstellt. Ich wollte aber nicht die alte Blutreinheits-Ideologie auspacken.

Daher habe ich die Syntisten erfunden. Die Idee ist folgende: Im Zuge des neuen Fokus darauf, wie wichtig Wissen über Muggeltechnologie ist, entstand ein sehr prägendes Buch mit dem Titel „Synthetisches Leben, Leben in Sythese“. Der Autor blieb anonym.

Es war ein recht harmloses Traktat darüber, warum es besser sei, beide Kulturen zu kennen. In seinen Beispielen ist es etwas extremer und kritisiert vor allem Reinblüter etwas deutlicher, aber es ist trotzdem wenig aggressiv.

Doch es trat eine Bewegung los: Eine Art Halbblüter-Ego-Club, in dem einige (!) Halbblüter sich als überlegen sehen, weil sie beide Kulturen von Geburt an kennenlernten.

Ob diese Gruppe wirklich eine ganze Bewegung ist oder hier nur Panikmache vor einigen Individuen vorliegt, ist unklar. Der Tagesprophet gab ihnen auf jeden Fall zwei Namen: Ursprünglich warfen sie den Begriff „Syns“ in die Runde, weil dieser lächerlich klingen soll. Dieser wurde aber von den Syns bald als positiv belegt übergenommen. Deshalb schreiben sie heute von den gefährlichen „Syntisten“ („-isten“, damit es mehr wie Fanatiker klingt), einer angeblich bedrohlich schnell wachsenden Gruppe, die alle politischen Institutionen der magischen Welt vernichten will.

Aspekt: Rütteln die Syns an den Grundpfeilern der Gesellschaft?

Haus Slytherin

Dem erfahrenen Potter-Fan stellt sich damit natürlich sofort die Frage: Wie sieht es denn nun mit Haus Slytherin aus?

Dieses Haus hat sich massiv gewandelt. Praktisch jeder distanziert sich von Tom Riddle (den man fast ausschließlich unter Geburtsnamen bespricht), schließlich mag niemand einen Verlierer.

Eine kleine Minderheit von Reinblütern sieht ihn als Schädiger der Mission. Warum sollte man Schlammblute töten? Tote können einem nicht mehr dienen.

Die meisten orientieren sich mehr an den Idealen der Raffinesse und Ambition, die Salazar verkörperte. Sie sehen Salazar auch mehr als Kind seiner Zeit. Natürlich war er dagegen, Muggelstämmige auszubilden. Von was für Muggelstämmigen redete er denn damals? Aus heutiger Sicht waren das frauenfeindliche, primitive, analphabetische Anhänger einer Form des Christentums, die wir heute als radikalen Fundamentalismus sähen. Sie glaubten ehrlich an so schöne Lehrsätze wie „Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen.“ Natürlich gibt man solchen Leuten keine Macht. Slytherin war nicht böse, er war vorsichtig und vorausschauend.

Aspekt: Haus Slytherin überwindet seine Vergangenheit.

Dumbledores langer Schatten

Sehr viel umstrittener ist Albus Dumbledore und sein Lebenswerk. Während viele ihn weiterhin als Lichtfigur sehen, gibt es auch viele Kritiker. Andere dagegen sehen ihn vor allem als Pragmatiker. Gerade unter letzteren führen viele den Tod der Potters und Harrys Überleben als Beispiel für dessen strategische Verantwortung an. Sie vertreten die Interpretation, Dumbledore hätte die Konfrontation mit Riddle bewusst herbeigeführt und somit zwei Figuren geopfert, damit der schwarze König sich selbst matt setzt – brillante Strategie.

Aspekt: Dumbledores schwieriges Erbe

Jugendliche Romantik

Außerdem wollte die Runde die Möglichkeit haben, Romantik und Ähnliches im Spiel abzubilden – spielen ja auch in den Romanen und in echten Jugendlichen eine große Rolle. Da wir Anfang der dritten Klasse loslegen wollten (also 13- bis 14-Jährige), sollte hier bei Manchen langsam Interesse erwachen.

Um dafür eine Plattform zu bieten, auf der sich auch Charaktere unterschiedlicher Häuser außerhalb des Unterrichts begegnen können, habe ich den allgemeinen Gemeinschaftsraum (kurz: GM) eingeführt. Dieser wurde kurz nach dem Krieg geschaffen, um Kontakt zwischen den Häusern zu fördern.

Es gibt das Phänomen, das die Lehrer die „GM-Lücke“ nennen: Die Erstklässler kommen die ersten Wochen aus Neugier hin und bleiben danach erst einmal weg, weil sie sich mehr mit den Leuten in ihrem Haus identifizieren. Ab der dritten Klasse und vor allem aber ab der vierten kommen sie dann immer öfter wieder, weil man hier natürlich mehr Chancen auf Kontakte mit dem erwünschten Geschlecht hat.

Aspekt: Huch, Hormone!

Motive und Nichtspielercharaktere

Wie mehrfach erwähnt, erachte ich es für sehr wichtig, die Pottermotive auch in den Figuren widerzuspiegeln. Da ich den Spielern die Freiheit geben wollte, neben ihren SCs vielleicht noch ein paar Freunde dazu zu erschaffen, erledigte ich das vor allem durch den Lehrkörper. Als Verantwortungsträger sind diese sowieso in einer Position, das Geschehen auf der Schule maßgeblich zu formen.

Aus dem Kanon übernommen wurden: Aurora Sinistra (Astronomie), Cuthbert Binns (Geschichte), Filius Flitwick (Zauberkunst und stellv. Leiter und Hauslehrer von Ravenclaw), Irma Pince (Bibliothekarin), Neville Longbottom (Kräuterkunde und Hauslehrer von Gryffindor), Poppy Pomfrey (Krankenschwester), Rubeus Hagrid (Magische Geschöpfe), Septima Vektor (Arithmantik und Hauslehrerin von Slytherin) und Sibyll Trelawney (Wahrsagen).

Folgende Figuren habe ich neu erschaffen:

Amycus Smith

Der Verwandlungslehrer und Hauslehrer von Hufflepuff ist ein 61 Jahre altes Kind. Das Gesicht mit den grünen Augen, umrahmt von den wilden roten Haaren mit leichten grauen Strähnen trägt eigentlich ständig ein Grinsen. Sein Unterricht ist sehr beliebt, weil er zu den wildesten Beispielen neigt. Warum sollte man einen Igel in ein Nadelkissen verwandeln, wenn er auch ein klebriges Gummikissen werden kann, mit dem sich die Schüler dann eine Kissenschlacht leisten können?

Smith füllt die motivische Lücke des freundlichen, aber manchmal etwas naiven Lehrers, die zuvor Sprout zukam.

Aspekte: Die Lage ist hoffnungslos aber nicht ernst!

Kinder sind doch meistens harmlos und im Herzen gut.

Frederic Lionheart

Frederic Lionheart hört man sofort an, dass er Amerikaner ist. Nicht dass das nicht eh jeder wüsste, denn Professor Lionhart ist weltberühmt.

In den Jahren nach Riddles Untergang gab es in Amerika eine ähnliche Bewegung namens „Flight from Death“ (FfD). Auch wenn diese Bewegung einen wichtigen Anführer in Abraham Thane hatte, war sie viel mehr eine Massenbewegung als eine Konzentration auf einen einzelnen Magier. Dem entsprechend war der Kampf gegen diese viel mehr ein Krieg als jener in Britannien – mit vielen Schlachten und langfristigen Kampagnen durch das viel dünner bevölkerte Amerika.

Ein junger Mann tat sich hier als begabter Anführer und extrem mächtiger Kämpfer besonders hervor: Frederic Sebastian Lionheart. (Seinen Zweitnamen kann er übrigens nicht ausstehen.) Als Anführer nutzte er geschickte Strategien und extreme Taktiken und scheute auch vor dem Einsatz von Muggelwaffen nicht zurück. (Originalzitat: „Dieser Krieg wurde von zwei Leuten gewonnen: von mir und von Michail Kalaschnikow.“)

Als Kämpfer ist er eine Ein-Mann-Armee. Nicht nur kann er mit einem Zauberstab pro Hand kämpfen. Er ist auch der einzige bekannte Magier, dessen Patronus die Form eines Menschen hat (Menschen sind schließlich auch Tiere). Sein Patronus hat die Gestalt seiner Frau. Er kann davon bis zu vier erzeugen, die je auch zwei Stäbe einsetzen können, so dass Lionheart mit bis zu zehn Stäben gleichzeitig Todesflüche wie Konfetti um sich schleudern kann.

Nach dem Sieg seiner Armeen hätte Lionheart die halbe Welt erobern können. Aber er hat keinerlei Interesse an Macht und Krieg. Er nahm diese Rolle nur aus Notwendigkeit ein. Am Ende motiviert ihn nur seine Familie. Seit er Padma Patil heiratete, lebt er in Britannien und unterrichtet Verteidigung – zunächst als Privatlehrer, seit diesem Jahr als Professor in Hogwarts. Dort hat er mehr Kontakt mit seinen beiden Töchtern Pavati und Padmini – die beiden Söhne (Michael und John) sind noch zu jung für die Schule.

Der 37-Jährige ist hoch und schlank, sehr sportlich und muskulös. Sein Haar ist lockig und braun, seine braunen Augen sitzen in einem sehr kantigen Gesicht. Eine echte Schönheit ist er nicht, aber seine Berühmtheit zieht einige Schülerinnen an.

Als Lehrer ist er umstritten, soweit man das bei jemandem sagen kann, der erst ein paar Woche aktiv ist. Einerseits ist es gnadenlos ehrlich und pragmatisch. (Zum Beispiel wenn er bei seiner Patrouille ein Pärchen erwischt, dann überprüft er nur kurz, ob sie den Verhütungszauber beherrschen und lässt sie dann in Ruhe. Er hält den Versuch, einen mehrere hundert Millionen Jahre alten Instinkt aufzuhalten, für naiv.) Andererseits ist er am Ende Soldat und Offizier und somit als Lehrer für die zivile Verteidigung nicht immer geeignet.

Lionheart erfüllt thematisch zwei Funktionen: Einerseits habe ich die Figur Dumbledores in zwei Funktionen aufgeteilt: der berühmte Kämpfer, der an Macht nicht interessiert ist (Lionheart), und der Schulleiter, der nicht immer zur Stelle ist, um das Problem zu lösen (Red). Andererseits ist er der frische und noch eher unbekannte Verteidigungslehrer. (Der Fluch der Position ist übrigens seit Riddles Tod gebrochen. Der vorherige Lehrer hielt mehrere Jahre. Es ist reiner Zufall, dass Lionheart in diesem Jahr neu ist.)

Aspekte: Ein-Mann-Armee

Familie über alles

Denkt eher wie ein Feldherr als wie ein Lehrer.

Neville Chamberlain

Professor Chamberlain ist der Lehrer für Muggelkunde. Der 75-Jährige zeigt die typischen Zeichen des langsamen Alterns, das Zauberer durchleben. Sein Haar ist noch vollkommen schwarz, seine Augen von einem milden braun und nur sein deutlicher Bauch weist den kleinen Mann als älter aus. Falten trägt er nur wenige. Da ist seine altmodische Begeisterung für das Pfeifenrauchen schon eher an Indikator.

Obwohl seine Eltern und auch weiteren Vorfahren magisch waren, kennt er sich wirklich bestens mit Muggeldingen aus. Sein Interesse an der Muggelwelt entstand in seiner Schulzeit, als die muggelstämmigen Mitschüler sich sehr über seinen Namen amüsierten. Es ist wohl ein deutliches Zeichen der Muggelignoranz seiner Eltern, dass sie auf den Gedanken kamen, ihren Sohn Neville zu nennen. Wenige Jahre nach dem Scheitern der Appeasement-Politik war sein Namensvetter unter den Muggelstämmigen ziemlich verschrien. Sein zweiter Vorname, Marvolo, macht die Sache nicht besser.

Von diesem Anstoß fing er an, sich mit Muggeln zu befassen. Der Funken der Neugier entwickelte sich rasch zu einer Mischung aus Faszination und Respekt (erstrecht seit der Mondlandung). Heute ist er sowohl die begeisternde, aber auch die warnende Stimme, wenn er in seinem Unterricht von der Macht der Muggel redet. Er bleibt immer auf dem Laufenden, was Technologie angeht, und bedauert öfter laut, dass diese in Hogwarts nicht funktioniert. Nichts täte er lieber als die Bibliothek der Schule von totem Baum und toter Tierhaut auf ein Wiki aufzurüsten, das jeder auf der Welt jederzeit besuchen könnte.

Für viele Schüler ist der ruhige Lehrer aber viel mehr als ein bloßer Vermittler von Wissen. Seine einfühlsame und besonnen Art macht ihn zu einem oft aufgesuchten Berater und Vertrauten – seine Studien der Fortschritte, die die Muggel in der Psychologie gemacht haben, machen ihn auch ein wenig zum Ersatz für einen Schulpsychologen. Wenn jemand Sorgen hat oder sich auffällig benimmt, dann wissen die Vertrauensschüler sofort, an welche Lehrkraft man sich wenden sollte.

Diese fürsorgliche Ader zeigt sich auch in Chamberlains Familie: Er hat sechs Kinder, von denen er nicht eins zeugte, sondern sich ihrer annahm. Über den Verlauf des Konflikts mit Tom Riddle adoptierte er diese Waisen. Obwohl er somit nicht an deren Entstehung beteiligt war, bezeichnet er sie (auf Rückfrage mit Nachdruck) als seine Kinder.

Neville Chamberlain ist als erwachsene Vertrauensperson gedacht, ähnlich wie es Remus Lupin und Sirius Black waren. Außerdem gehört er zu der Erklärung, warum die magische Welt nicht längst entdeckt wurde, obwohl die Muggeltechnik so schnell besser wird.

Aspekte: Freundliche Vertrauensperson

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Rebecca La Velle

Trotz ihrer französischen Vorfahren spricht Rebecca La Velle ein sehr gewähltes und kultiviertes Englisch. Das mag zunächst überraschen, ist sie doch bloß die Hausmeisterin der Schule. Es überrascht auch, weil sie auch in anderer Hinsicht (im Wortsinne) bezaubernd ist. Von ihrer Mutter hat die Halbveela die magische Aura geerbt, mit der sie die Augen der Männer auf sich zieht. Auch körperlich ist sie wunderschön und jungaussehend trotz ihrer 48 Jahre. Ihre weißblonden Haare und blauen Augen zeigen ihre Vorfahren deutlich.

Ob sie weitere magische Fähigkeiten hat, darüber brodelt die Gerüchteküche, seit La Velle vor acht Jahren angestellt wurde. Jeder weiß, dass sie offiziell ein Squib ist und dass das auch der Grund für ihre wenig ruhmreiche Arbeitsstelle ist. Man sah sie noch niemals einen Stab schwingen oder einen Trank brauen.

Trotzdem geschehen ab und an seltsame Dinge um sie herum, nämlich dann, wenn sich einer der Jugendlichen nicht beherrschen kann und die hübsche Blondine belästigt oder bedrängt. Im Anschluss findet man ihn (oder in seltenen Fällen sie) stets in einer wirklich peinlichen Lage wieder. Der bestrafte Täter kann sich überhaupt nicht daran erinnern, wie er in diese Situation kam, auch wenn er noch ganz genau weiß, womit er sie verdient hat.

Das letzte Mal passierte es vor zwei Jahren, dass einem Siebtklässler die Hand „ausrutschte“. Man fand ihn morgens vollkommen nackt in Klopapier mumifiziert in der Großen Halle. Das Papier konnte nicht magisch entfernt werden und musste langsam abgezogen werden (es klebte mit einer Art Harz). Wo sein Zauberstab geblieben war, das wurde den Zeugen klar, als der Junge sich genug bewegen konnte, um sich zu winden. Das hätte er besser gelassen, denn so musste Madam Pomfrey vorsichtig Splitter magischen Holzes aus seinem Enddarm entfernen.

Solche Demonstrationen enormer Macht bringen natürlich die Gerüchteküche zum Rumoren. Ob La Velle doch irgendwelche Zauberkräfte hat und sie aus unklaren Gründen geheim hält oder ob sie einen mächtigen Verbündeten im Lehrkörper hat, darüber können die Tratschen der Schülerschaft sich herrlich streiten.

So oder so kann ihr wohl niemand wirklich verübeln, dass sie Männern und Jungen ab der Pubertät nicht traut und ihnen oft mit Abschätzigkeit begegnet.

Was das Motiv angeht: Ohne einen seltsamen Squib als Hausmeister wäre es doch wohl nicht Hogwarts, oder? Erst reicht einer, der (männliche) Schüler nicht mag und immer der Ansicht ist, sie hätten bestimmt jede Bestrafung verdient.

Aspekte: Halbveela und Squib (?)

Meine Aura ist mein Segen und mein Fluch.

Reginald Robert „Red“ Ares

Seit vier Jahren ist Reginald Robert Ares nun Schulleiter von Hogwarts. Von Freiwilligkeit kann allerdings keine Rede sein.

Reginald Ares ist mit 31 Jahren der jüngste Hogwarts-Schulleiter aller Zeiten. Seine Karriere begann er als Auror, weil er nach den Jahren des Kriegs der Gesellschaft Sicherheit geben wollte. Dieses Ziel verfolgte er mit Energie und manchmal etwas viel Krafteinsatz. Viele seiner Kollegen dachten, der Spitzname „Red“ käme davon, wie leicht er rot sehe. (In Wirklichkeit bekam er ihn schon in der Schule, weil Ares die griechische Version von Mars ist. Wegen „Red Mars“ – „Red Ares“.)

Trotzdem ist Red einfach cool – mit langem, blonden Haar, hoch gewachsen und muskulös. Seine lockere Einstellung machte ihn als eine der Wachen bei den Hogsmeade-Wochenenden bei den Schülern sehr beliebt. Er erwiderte diese Freude und ließ sich oft für diesen Wachdienst einteilen.

Bis zu einem dramatischen Zwischenfall vor fünf Jahren. In den oberen Räumen der Schenke Drei Besen ertappte er einen Onkel dabei, seine Enkelin zu vergewaltigen. Red sah rot. Er hatte nur ein Wort für den Verbrecher: „Crucio!“

Diese Tat brachte nicht nur ihn, sondern auch das Ministerium in eine heikle Situation. Einerseits war das ein Unverzeihlicher Fluch und Red zeigte keinerlei Reue. („Ich tat es nicht aus Gerechtigkeit oder aus Rache oder um dem Opfer zu helfen. Ich wollte einfach nur, dass dieses Monster leidet.“) Andererseits wollte natürlich niemand die Seite des Vergewaltiger einnehmen.

Der Kompromiss, der gefunden wurde, war folgender: Red musste als Auror quittieren und ihm wurden fünf Jahre Askaban auf Bewährung aufgebrummt. Dafür sagte man, wenn er sich so sehr um Kinder sorge, dann solle er dauerhaft auf sie achtgeben. Da Minerva McGonagall in den Ruhestand wollte, wurde Red zum neuen Schulleiter.

Er bereut seine Tat weiterhin nicht – er trägt sogar den Namen des Mädchens (Samantha O‘Brien) als Tätowierung auf dem linken Unterarm. Aber man kann auch nicht sagen, er erblühe in seinem Job. Er war nie Lehrer und trifft daher oft zweifelhafte Entscheidungen. Außerdem hasst er den Papierkram. Dafür denkt er immer zuerst an die Sicherheit seiner Schüler. (Seit er Schulleiter ist, muss Hagrid sich bei der Auswahl der Kreaturen für den Unterricht sehr einschränken.)

Thematisch ist Reginald Ares die zweite Hälfte zu Professor Lionheart: Ich die Figur Dumbledores in zwei Funktionen aufgeteilt: der berühmte Kämpfer, der an Macht nicht interessiert ist (Lionheart), und der Schulleiter, der nicht immer zur Stelle ist, um das Problem zu lösen (Red). In diesem Fall eben nicht wegen politischer Verpflichtungen, sondern weil er sich oft nicht richtig in die Lage eines Schülers hineinversetzen kann (keinerlei Lehrerfahrung) und sie daher nicht ernst nimmt.

Aspekte: Ehemaliger Auror und überforderter Schulleiter

Niemand gefährdet meine Schüler!

Victoria Adams

Die Tränkelehrerin Victoria Adams ist das zweite Mitglied des Lehrkörpers, dessen Name für Muggelstämmige bekannt wirkt. Nicht etwa wegen der Sängerin (im Jahr 2015 kennt kein Jugendlicher die Spice Girls), sondern weil die meisten der Ansicht sind, sie sollte eigentlich Wednesday heißen. Die (für Hexenverhältnisse) sehr junge Frau (34 Jahre) sieht nämlich genau so aus, wie man sich eine erwachsene Wednesday Addams aus der Addams Family vorstellt: Hoch und dürr mit bleicher Haut und pechschwarzem Haar, das in zwei strengen Zöpfen die dunkelbraunen Augen umrahmt.

Auch ihr Verhalten passt sehr gut in dieses Bild. Sie ist streng und extrem rational und gefasst. Nie wird sie laut und ist trotzdem gefürchtet. Ihr extrem trockener und stellenweise sehr morbider Humor zusammen mit ihrer Aura der Gnadenlosigkeit sorgen für klaren Gehorsam im Klassenzimmer. (Ein typischer Dialog wäre: „Professor Adams, was würde passieren, wenn ich die Stachelschweinstacheln schon beim Erhitzen dazugäbe?“ – „Dann hätte ich in Zukunft weniger Hausaufgaben zu korrigieren.“)

Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin für Zaubertränke vertritt sie auch ab und zu Professor Lionheart – vor allem in Situationen wo es zu Interessenskonflikten kommen könnte, weil eine dessen Töchter in der Klasse sitzt. Dass sie aus diesem Unterricht als extrem kompetente Duellantin bekannt ist, erhöht den leicht verängstigten Respekt nur, den ihr die meisten Schüler zollen.

Ihr makabrer Ruf geht dabei so weit, dass sich unter den Schülern das Gerücht hält, Adams‘ zweiter Name wäre Arachnophilia. (In Wirklichkeit ist er Diana.)

Nur ab und an passiert es einem jungen Menschen, dass er sich dieser selbstsicheren und unnahbaren Art nicht widersetzen kann und sich in die Lehrerin verliebt. Eine kleine aber treue Minderheit der Schülerschaft ist daher von Professor Adams völlig begeistert.

Was die Motive angeht, ersetzt Victoria Adams Professor Snape als bedrohlichen und gnadenlosen Tränkemeister. Sie würde allerdings keinem Schüler mit Hass begegnen, das ist ihr viel zu viel der Emotion.

Aspekte: Tränkeleherin des Grauens

Gefasst bis in den Tod

Mein Humor erfordert Übung.

Nach diesen allgemeinen Konzepten werde ich im letzten Teil dann auf die Schritte in die eigentliche Spielpraxis eingehen – von Charakterblatt bis Abenteuerideen.

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Die Rechte für Harry Potter liegen bei J. K. Rowling bzw. Warner Bros.

Turbo-Fate Harry-Potter

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Der Charakterbogen für die Turbo-Fate Harry Potter Konversion von Lichtbringer.
Teil #1, #2, #3

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Sprachen: Deutsch
Anforderungen: PDF Reader
Kategorie: Fanmaterial
Datum: 30. November 2016

Der Beitrag Lichtbringer adaptiert das Harry-Potter-Universum (2) erschien zuerst auf FateRpg.de.

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In den folgenden drei Artikeln stelle ich meine Überlegungen einer Adaption des Potterverse mit dem Fate Core-Rollenspiel (Turbo-Fate) vor

1. Erste Überlegungen und Mechanik

500 Millionen verkaufte Bücher, Übersetzungen in 73 Sprachen, direkte Umsetzung zu acht Filmen, weitere Filme inspiriert – das ist die beeindruckende Bilanz des fantastischen Universums, das J. K. Rowling erschaffen hat. Ob man persönlich die Bücher mag oder nicht (ich selbst bin Fan), schon die enorme Anzahl an Kindern und Jugendlichen, die sie zum Lesen brachte, ist lobenswert.

Umso trauriger ist es dann, dass es kein offizielles HP-Rollenspiel gibt, das einen ähnlichen Sog in unser Hobby bewirken könnte. Unzählige Neulinge könnten mit diesem Mittel die drei Heiligtümer des Rollenspiels empfangen und dem Orden des phoenixhaften Abenteuers beitreten.

Natürlich gibt es bei einem so beliebten Universum mehrere Fanumsetzungen. Dieser Artikel wird sich darin einreihen, sieht sich aber trotzdem ganz selbstbewusst als bessere Lösung.

Denn ich halte Fate für besonders gut geeignet, um das Besondere Pottergefühl abzubilden. Wie die Romane legt es einen starken Fokus auf interessante Charaktere, wogegen eine exakte Simulation der Mechanik der Welt in den Hintergrund rückt.

Dieser Artikel wird einerseits vorstellen, wie ich das Potterversum in Fate-Regeln fasste, und daran andererseits beispielhaft aufzeigen, wie eine erfolgreiche Adaption im Allgemeinen gelingen kann.

Einschub: Keine Rechte an nichts

Zu diesem Zeitpunkt fragen sich vielleicht einige von euch: „Darf der das?“ Die Antwort darauf ist ein klares „Jein“. Natürlich habe ich keine Rechte an der Harry-Potter-Welt, diese liegen bei J. K. Rowling bzw. Warner Bros.

Wie viele Fans im Internet mache ich keinerlei Geld mit diesem Projekt und hoffe auf Duldung dafür, das Interesse an diesem Franchise warm zu halten.

Wie kommt man zu diesem Projekt?

Auch wenn ich oben schreibe, wie sinnvoll ich ein Harry-Potter-Rollenspiel fände, war diese strategische Überlegung nicht der Grund für mein Bestreben. Ich kam zum Potter-Rollenspiel eher wie die Jungfrau zum Kinde.

Ich schrieb vor einer Weile einen Aufsatz für das Ulisses-Crowdfunding dazu, wie wichtig interne Konsistenz für eine funktionierende Rollenspielwelt ist. Dabei verwendete ich das Potterversum als Negativbeispiel für eine Welt, die eben nicht sonderlich konsistent gehalten ist und daher ziemliche Herausforderungen an die Adaption stellen (dazu später mehr).

Als ich meiner Runde davon erzählte, erwähnte ich auch in einem Nebensatz, dass einer der Beispielcharaktere im Turbo-Fate-Regelwerk recht offensichtlich auf einem Hogwarts-Abklatsch zur Schule geht. Damit war die Sache für mich durch.

Einen Monat später fragten mich meine Spieler, wann ich denn nun Harry-Potter-Fate leiten würde. Es war somit offenbar auf eine Nachfrage gestoßen.

Also setzte ich mich hin und nahm die Herausforderung an. Hier nun das Resultat.

Hilfreiche Inspirationsquellen

Wenn man ein Medium adaptieren will, sollte man es kennen. Aber oft reicht die Lektüre (oder das Anschauen) des Werkes selbst nicht ganz aus, um neue Geschichten zu entwickeln. Schließlich schildern sie oft nur eine alte.

Im Falle vieler beliebter Welten gibt es da ein zweischneidiges Schwert: Fanfiction.

Fanfiction, also von Fans geschriebene Fiktion, die in der Welt spielt oder mit ihr spielt, kann viele neue Ideen bringen. Das Problem dahinter ist, dass 99 % aller Fanfiction wirklich schlecht und qualvoll zu lesen ist. Insofern ist es mit etwas Aufwand verbunden, die guten Ausnahmen zu finden.

Um euch diese Mühen zu ersparen, hier vier Vorschläge von (englischsprachiger) HP-Fanfiction, die sich tatsächlich zu lesen lohnen:

Harry Potter and the Methods of Rationality (www.hpmor.com) – eine wahnsinnig intelligente und raffinierte Geschichte, in der Harry ein Wunderkind ist und als Sohn eines Wissenschaftlers aufwuchs. Vermutliche einer der zehn besten Texte, die ich je las, und sogar noch besser als die Original-Bücher. Ich bin nicht der Einzige, der den Text liebt. Unter www.hpmorpodcast.com wurde das gesamte Teil von begeisterten Fans als kostenloses Hörbuch eingesprochen.

Die Albus-Potter-Reihe (https://www.fanfiction.net/u/1619871/Vekin87) – hat Harry Sohn zur Hauptfigur. Der Autor kann den Schreibstil Rowlings sehr gut nachahmen.

The Arithmancer (https://www.fanfiction.net/s/10070079/1/The-Arithmancer) – eine alternative Version von HP, die aus Hermiones Sicht geschrieben ist und in einer Welt spielt, in der Granger ein absolutes Mathegenie ist. Witzig und sehr intelligent.

Harry Potter and the Natural 20 (https://www.fanfiction.net/s/8096183/1/Harry-Potter-and-the-Natural-20) – eine brüllend komische Parodie, in der ein D&D-Magier im Potterversum strandet. Sollte jeder Rollenspieler gelesen haben.

Die Sache mit der Konsistenz

Romanfiguren können dem Autor nicht widersprechen. Sie stellen auch keine kritischen Fragen und nutzen keine Regellücken aus. Deshalb kann eine Autorin willkürliche Setzungen festlegen, die die Handlung tragen oder einfach nur die Welt lebhafter machen, ohne dass sie damit später große Probleme bekäme. Beispielsweise kann sie eine Zeitmaschine für ein Buch einführen und später mal eben wieder abschaffen, ohne dass jemand sich darüber wundert oder versucht, so ein nützliches Kriegsgerät wieder herzustellen.

Im Rollenspiel geht das nicht so einfach. Spielercharaktere haben mehr Freiheiten, das ist schließlich der Sinn dieser Spielform.

Deshalb musste ich für das Potterversum einige Konsistenzkrücken erschaffen. Dies geschah zunächst abseits der Regeln. Als Ort des Geschehens wählte ich Hogwarts, weil es sehr viel leichter konsistent zu gestalten ist als die gesamte restliche Potter-Welt. Außerdem erzeugt die Tatsache, dass die SCs Schüler sind, eine Erwartungshaltung der Spieler, was es für Abenteuer geben wird und wie sich ihre Figuren verhalten sollten. Auch dadurch wird die Zahl an nötigen Absicherungen verringert.

Das führt mich zum nächsten Mittel für eine Konsistenzkrücke: Dadurch dass man Motive der Romane übernimmt, bespielt man die Spielwelt in einer Form, in der sie tragfähig ist, anstatt in jene Bereiche zu gehen, bei denen auf die Funktionalität nicht so genau geachtet wurde.

Das ist zunächst bei Handlungsmotiven der Fall (siehe weiter unten). Beispielsweise musste ich einen glaubwürdigen Ersatz für die Blutreinheits-Bewegung finden. Fate bietet hier durch Kampagnen- und Weltaspekte ein wertvolles Mittel, dieses Prinzip umzusetzen.

Im Fall von Harry Potter spielen für die Motive auch die Figuren eine zentrale Rolle. Bei der Auswahl der NSCs (siehe weiter unten) war es mir wichtige, die Archetypen und Handlungsfunktionen aus den Romanen abzudecken. Beispielsweise war es wichtig, einen Schulleiter zu haben, der wohlwollend ist, aber nicht immer sofort zur Verfügung steht, wenn ein Problem besteht.

Der erste und zentrale Schritt war aber natürlich die Auswahl der Fate-Version und die Anpassung der Regeln.

Die Spielmechanik anpassen

Man kann sich das Leben unnötig kompliziert machen. Das wollte ich nach Möglichkeit vermeiden.

Prinzipiell kann man immer alles selbst erfinden. Aber ich wollte mir entweder Fate Core oder Turbo-Fate vornehmen und es an meine Bedürfnisse anpassen. (Natürlich kenne ich noch weitere Versionen von Fate, 11 um genau zu sein, aber ich finde die vierte Edition am besten.)

Die Wahl zwischen Core und Turbo fiel dabei schnell auf Turbo – weniger wegen der Einfachheit als wegen der besseren Eignung von Methoden. Die Art und Weise, wie Rowling die Handlungen ihrer Figuren vermitteln, legt ein viel größeres Gewicht auf deren Motivationen und Vorgehensweise als auf die spezifischen Mittel. Dies zeigt sich sehr deutlich daran, dass man den wichtigsten Figuren klare Methoden zuordnen kann: Draco Malfoy ist praktisch immer tückisch, Harry Potter kraftvoll oder tollkühn, Ron Weasley kraftvoll, Hermine Granger sorgfältig oder scharfsinnig usw.

Diese Eigenschaft der Harry-Potter-Geschichten trifft sich sehr gut, denn sie löst uns gleich noch ein zweites Problem: Die Zauberei im Potterversum ist ziemlich wild, komplex und (wie erwähnt) auch oft nicht sonderlich konsistent. Deshalb ist die Frage, wie ein Charakter etwas macht, sehr viel simpler zu beantworten. Was genau er tut, kann dann durch erzählerische Mittel geregelt werden. Wenn der Gegner kraftvoll angreift, ist es regeltechnisch egal, ob er Avada Kedavra oder Sectumsempra verwendet. Auch wenn man eine Logiklücke ausnutzt, dann geht man damit eben auf eine gewisse Weise vor, die die Methoden abdecken.

Deshalb brauchte es auch kein eigenes Magiesystem, das das arkane Chaos des Potterversums abbilden müsste.

Die Frage, die sich nach dieser Entscheidung nur noch stellte, war, wie man die Tatsache abbildet, dass die Spielercharaktere Jugendliche sind – und somit noch nicht voll ausgebildet. Wir hatten uns darauf geeinigt, Drittklässler zu spielen, und die sind eben nicht die mächtigsten Leute auf Hogwarts.

Ich stellte dann die Spieler vor die Wahl, ob wir ihre SCs schwächer machen sollten oder die NSCs entsprechend mächtiger. Sie entschieden sich für die erstere Option.

Deshalb begannen wir mit Erholungsrate 3, einem Stunt für den Anfang und Methodenwerten +2/+1/+1/+0/+0/-1. Da Jugendliche auch noch keine fertig geformten Personen sind, gibt es zu Beginn auch nur drei Aspekte pro Person.

Natürlich lernen und entwickeln sich Jugendliche auch schneller als Erwachsene. Insofern sind im weiteren Spielverlauf etwas häufiger Meilensteine fällig. Bei einem bedeutenden oder großen Meilenstein darf ein vierter bzw. fünfter Aspekt hinzugefügt werden.

Nach diesen grundlegenden Überlegungen werde ich im nächsten Teil vorstellen, welche Motive und Figuren ich für eine Kampagne im Hogwarts des Jahres 2015 erschaffen habe und welche Aspekte dazu gehören.

 

 Die verwendete Schriftart ist Harry P von Phoenix Phonts.
Das Hogwarts-Wappen wurde von Jakovche auf Wiki Commons veröffentlicht.
Die Schrift ist als gemeinfrei und das Wappen als für nichtkommerzielle Nutzung frei (Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported) angegeben – in dem Maße, in dem dies sinnvolle Angaben sind für Werke, die (wie das Charakterblatt) auf Duldung durch die eigentlichen Urheber hoffen.
Das Artikelbild zeigt eine Illustration von Andette on DeviantArtDie Rechte für Harry Potter liegen bei J. K. Rowling bzw. Warner Bros.

Turbo-Fate Harry-Potter

Download Turbo-Fate Harry-Potter

Der Charakterbogen für die Turbo-Fate Harry Potter Konversion von Lichtbringer.
Teil #1, #2, #3

Turbo-Fate_Harry-Potter.pdf 1.0
Sprachen: Deutsch
Anforderungen: PDF Reader
Kategorie: Fanmaterial
Datum: 30. November 2016

Der Beitrag Lichtbringer adaptiert das Harry-Potter-Universum (1) erschien zuerst auf FateRpg.de.

FateCast der Fate Podcast

Nach der Setting-Erschaffung in der letzten Folge stellen wir heute ein bereits konvertiertes Setting vor: ShadowCore. Dazu haben wir uns Markus, den Autor von ShadowCore, eingeladen und reden mit ihm über Matrixregeln, Charaktererschaffung in unter einer Stunde, Technomancer und Regeln für Beinarbeit.

Inhalt:

0:00:52 – Medienschau
0:12:27 – ShadowCore
1:11:39 – Fate Cookie

Der Beitrag Folge 10: Auf in die Schatten mit ShadowCore erschien zuerst auf FateRpg.de.

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Einleitende und eigentlich völlig unwichtige Erklärung zum Format:

Nachdem ich die letzten Monate immer wieder feststellen musste, dass ich zu viel um meine formschönen Öhrchen habe, um an interaktiven Diskussionen teilzunehmen, schreibe ich hier mal ein Manifest, das (hoffentlich) ohne meine Rückmeldung für sich stehen kann.
Fate als generisches System wird häufig verwendet, um bereits bestehende Welten für das Spiel zu adaptieren – seien es andere Rollenspielwelten, die man konvertiert; seien es die fiktiven Welten aus Romanen, Filmen oder Videospielen.

Um dabei ein wenig zu helfen, präsentiere ich hier Lichtbringers 10,5 Gebote der Adaption mit Fate.
(1) Frage dich, ob Fate überhaupt geeignet ist.

Fate ist als universell ausgelegtes System für eine Vielzahl von denkbaren Spielwelten genau richtig – aber eben nicht für jede. Fate ist ein Spiel, in dem Charaktere (durch ihre Fähigkeiten) und Spieler (durch Schicksalspunkte) etwas bewegen können.

Zwei Punkte können deshalb Spielwelten mit Fate zumindest problematisch machen:

Erstens stellen Schicksalspunkte eine Form der Spielerermächtigung dar. Dies kann bei Horrorrollenspielen, in denen man sich hilflos fühlen soll, ein Hindernis sein. Das Problem ist nicht unlösbar, das Kapitel „Das Horror-Paradox“ im Fate-Handbuch geht hierauf näher ein. Man muss sich aber trotzdem darauf einstellen, dass sich eine Cthulhu-Runde mit Fate ganz anders anfühlt als mit dem klassischen System, weil es gerade bei Cthulhu eben darum geht, mit einem gnadenlosen Universum konfrontiert zu sein.

Zweitens dreht sich Fate eben um Leute, die etwas anpacken. Welten, in denen es nichts zu tun gibt, sind deshalb schwierig. Das können einerseits Welten sein, in denen bereits alles erzählt ist (z. B. Matrix nach Neo). Es gibt aber auch Genres, in denen einfach wenig Handlung vorkommt (z. B. Sitcoms haben selten echte Handlungsbögen).
(2) Entscheide dich: Core oder Turbo?

Nachdem du die Spielwelt auf Fate-Eignung abgeklopft hast, stehst du vor der Wahl: Fate Core oder Turbo-Fate?

Über den Unterschied zwischen beiden wurden schon an anderer Stelle viel geschrieben, weshalb ich hier nur einen Punkt herausgreifen möchte, der für die Weltadaption besonders wichtig ist.

Fate Core handelt mit den Fertigkeiten ab, was ein Charakter tut. Turbo-Fate handelt ab, wie er es tut.

Deshalb bietet sich Turbo-Fate immer an, wenn man eine einfache Handhabung für eine Spielwelt haben will, in der die Fähigkeiten der Charaktere entweder drastisch unterschiedlich sind (z. B. Superhelden und ihre Kräfte) oder derart komplex, dass sie alle aufzuschlüsseln euch keinen Spaß machen würde (z. B. all die Zauber im Potterversum).

Core bietet sich dagegen an, wenn du mehr Tiefe haben willst, die Fähigkeiten der SCs zu beschreiben und mit der Zeit zu verbessern.
(3) Adaptiere immer die Welt und nicht die Regeln.

Dieses Gebot betrifft nur Welten anderer Rollenspiele, die somit bereits ein anderes Regelwerk haben. Bei diesen mag man als Spieler verlockt sein, Regelmechanismen zu übertragen. Dieser Ansatz ist jedoch selten eine gute Idee. Beginne dagegen mit den Eigenschaften der Spielwelt (gerne auch jenen, die die Spielregeln des anderen Systems formen) und überlege dir, wie du sie mit Fate abbilden kannst.
(4) Überlege, ob irgendwelche Eigenschaften der Spielwelt Sonderregeln oder Extras brauchen.

Wichtige, bezeichnende Besonderheiten, die die Spielwelt erst auszeichnen, sollten häufig in eigene Regeln gefasst werden.

Das ist noch längst nicht immer der Fall. Eine Spielwelt kann durchaus prägende Eigenschaften haben, die kein Regelkorsett brauchen. Wer in der Welt des Alten Testaments spielen möchte, braucht keine Regeln für das Eingreifen Gottes. Gott muss sich nicht an Regeln halten – das bedeutet das Wort „Allmacht“.

Hingegen sollte Cyberware in Cyberpunk-Welten vermutlich schon ihrer Regeln bekommen. Und Magie ist der klassische Fall von einer Eigenschaft, die man häufig in eigene Regeln fassen will.
(5) Wenn du die Regeln anpasst, beginne stets bei den Charakteren.

Es sind immer die Charaktere, mit denen die Spieler die Welt erleben. Deshalb sollte der erste Ansatz für neue Regeln immer bei diesen liegen.

Im Falle von Fate Core beginnt dies mit der Fertigkeitsliste.

Bei Core und Turbo stellt sich die Frage, ob man besondere Aspekte einführen möchte (bspw. zusätzlich zum Dilemma eine besondere Schwäche pro Superheld – „Kryptonit“ für alle). Vielleicht möchtest du auch weitere Stressleisten einführen (z. B. geistige Stabilität, magische Ausdauer, Reichtum usw.).

Auch das Kompetenzniveau kann angepasst werden. Wenn man Schüler spielt, sollten diese vielleicht nicht dieselben Fähigkeiten haben wie kompetente Erwachsene.
(6) Wahre die interne Konsistenz oder konstruiere sie.

Für Rollenspiel ist es sehr hilfreich, wenn die Welt eine interne Konsistenz aufweist. Wenn du eine Welt aufarbeitest, um sie zu adaptieren, solltest du diese Konsistenz bewahren oder sie konstruieren (wenn sie im Original zu wenig vorhanden ist – z. B. Harry Potter).

Dafür kann man häufig mit Konsistenzkrücken arbeiten, die Logiklücken umgehen. Beispielsweise, indem man den Ort des Geschehens und die NSCs so wählt, dass die Situation nah an dem des Ursprungsmediums liegt. (Es ist leichter Hogwarts konsistent zu halten als den Rest des Potterversums.)
(7) Wirf das Fraktal an, so oft zu kannst.

Viel Arbeit bei den Regeln kann dir die Bronzene Regel abnehmen: Was du als Charakter abbilden kannst, solltest du am besten als Charakter abbilden.

Wenn die SC eine Gilde leiten, dann braucht diese nur ein paar Aspekte, Fertigkeiten und vielleicht zwei Stressleisten – eine für Ressourcen, eine für Personal.

Wenn sie dagegen mit einem Raumschiff die unendlichen Weiten erkunden, dann sollte auch das ein Charakter sein (inklusive des Aspekts „Nur weil die Holodecks alle zwei Wochen Leben gefährden, brauchen sie doch keinen Notausschalter!“).
(8) Erschaffe zentrale NSC oder NSC-Typen.

Wenn die Spielwelt zentrale Figuren enthält, die den Spielern auch begegnen werden, könnten diese vielleicht Aspekte und Werte brauchen.

Dasselbe gilt für NSC-Typen, die den SC in immer wieder begegnen werden. (Was wäre ein Western oder Banditen und Indianer?) Diese kannst du gut mit generischen Aspekten und Werte ausstatten.
(9) Gib der Welt und/oder den Orten Aspekte.

Einer Organisation, einem Ort, einer Region oder gar der ganzen Welt einen packenden Aspekt zu geben, gibt den Spielern oft mehr Handhabe für ihr Spiel als eine ganze Seite Schilderung.

Dass du die Aspekte erst jetzt einführst und nicht direkt am Anfang, wenn sie so wertvoll sind, liegt daran, dass sich dein Bild der Spielwelt beim Abhandeln von (1) bis (8) verdeutlicht haben wird. Mit diesem Wissen kannst du jetzt griffige Aspekte auswählen.
(10) Finde einen Startpunkt.

Eine gute Spielwelt muss mehr sein als ein wunderschönes Gemälde der Gleichgültigkeit. Die Spieler sollten für ihre SC-Erschaffung einen Startpunkt haben, was es in dieser Welt überhaupt zu tun gibt. Egal wie faszinierend du die Spielwelt findest, wenn die Spieler darin nichts zu erleben haben, werden sie deine Begeisterung nicht teilen.
(Oft hilfreicher Bonus) Suche gute Fate-Punkte heraus.

Ein schönes Mittel, um das Gefühl der Spielwelt im Wortsinne greifbar zu machen, sind gut gewählte Schicksalspunktmarker. Pokerchips eignen sich gut für Western, aber in Fantasywelten sollten es statt Kunststoff- vielleicht eher Holzscheiben sein. Steampunkt spielt sich sehr stilvoll mit Zahnrädern als Marker, Film Noir mit Pistolenkugel (Imitaten bitte) und wer Herman Hesses Romane umsetzen will, braucht eindeutig Glasperlen für sein Spiel

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Artikelbild-1014x487-eartdawnGleich zwei deutsche Konvertierungsprojekte für Earthdawn die derzeit in dern Entwicklung sind. Einmal Das Schicksal von Barsaive und einmal Dawn of Fate.
Der Beitrag Fate Core & Earthdawn erschien zuerst auf FateRpg.de.