Der 13. Krieger aus Sicht eines Rollenspielers (Teil 1)

Der Film „Der 13. Krieger“ (im Original: „The 13th Warrior“) erschien 1999 mit Antonio Banderas in der Hauptrolle und hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Es wird eine Geschichte erzählt, die genau so auch am Spieltisch einer Rollenspielrunde stattfinden könnte. Dreizehn Männer unterschiedlicher Herkunft werden vom Schicksal und einer Prophezeiung zusammengeführt, um das Abenteuer ihres Lebens zu bestehen. Dabei geht es nicht gleich um die Rettung der Welt, sondern um ein kleines Königreich in den unheimlichen Wäldern des Nordens, persönliche Schwächen, Wünsche und Ziele, Kameradschaft und eine mysteriöse Bedrohung.

Als ich den Film vor vielen Jahren das erste Mal sah, zog er mich vollends in seinen Bann. Zu dieser Zeit spielte ich Dungeons & Dragons in einer festen Spielrunde jede Woche und in meiner Freizeit feilte ich an Charakter- und Abenteuerideen. Der Film lief irgendwo im Fernsehn und ich saß gebannt da und sog die Stimmung der Welt die dort gezeichnet wurde in mich auf.

Der 13. Krieger DVD Cover
Der 13. Krieger DVD Cover (© Concorde Home Entertainment. „Der 13te Krieger. USA, 1999.)

Letztes Wochenende habe ich die DVD mal wieder eingelegt und abgesehen vom ersten Schock, mit wie wenig Auflösung man früher doch ganz zufrieden war, hatte ich erneut eine wunderbare Zeit auf meinem Fernsehsessel mit einem Gläschen Met in der Hand und vielen wohligen Erinnerungen.

Die Erzählung beginnt irgendwo in Arabien und zeigt einen jungen und unerfahrenen Diplomaten, Ahmad Ibn Fahdlan, der das erste Mal Kontakt zu einem fremden Volk hat. Als sein Mentor und er das Lager der Nordmänner an einem Fluss am Rand der Wüste betreten, taucht man als Zuschauer gemeinsam mit ihnen in eine völlig fremde Welt ein. Die Lichtstimmung wechselt von der sonnenverbrannten Wüste draußen, in ein in fahles Licht getauchtes Zelt, in dem man den Geruch von Met und Schweiß förmlich riechen kann. Es wird gefeiert und ein Wirrwarr aus Worten einer fremden Sprache erfüllt den Raum. Der Film macht klar, dass Ahmad und sein Begleiter hier in eine fremde Kultur eintauchen. Sitte und Sprache sind ihnen fremd und als Zuschauer sieht man, über weite Teile aus den Augen von Ahmad selbst, wie verwirrt der junge Mann alles aufnimmt und zu verstehen versucht.

In nur einer Szene lernen wir hier gleich drei zentrale Charaktere der Geschichte kennen. Aus Sicht eines Rollenspielers sind das die Helden der Spieler und sie haben alle in ihrer ersten Szene die Gelegenheit zu zeigen, was sie ausmacht. Ahmad ist der Exot der Gruppe und wird als unerfahrener aber gelehrsamer junger Mann vorgestellt. Dass als Kameraperspektive seine Sicht gewählt wird, ist kein Zufall, sondern unterstreicht seine besondere Begabung, aufmerksam zuzuhören und zu beobachten. Danach lernen wir Herger (gespielt von Dennis Storhøi) kennen. Er übersetzt für die beiden Araber ins Latein und schickt damit voraus, dass sich hinter dem, später stark im Fokus stehenden, hedonistischen Verhalten, ein wacher Verstand versteckt. Buliwyf (gespielt von Vladimir Kulich) ist der neue Anführer der Fremden, nachdem sein Vorgänger kürzlich verstarb. Tatsächlich spielt die ganze Szene auf dessen Beerdigung und wir erleben wie Buliwyf ein Attentat auf sein Leben durch einen Konkurrenten vereitelt. Er wird uns als starker Anführer gezeigt, der sich auf seine eigene Kampfkraft verlassen kann. Keiner der anderen Nordmänner greift ein und keiner ist davon überrascht, dass Buliwyf das Attentat überlebt.

Nachdem wir die Helden der Erzählung kennengelernt haben, wird nun der Aufhänger des Abenteuers, der Plot Hook gesetzt. Am Morgen nach der Feier erscheint ein weiteres Drachenboot und mit ihm ein junger Mann, der von einem alten Feind, den Wendol, berichtet, die seine Heimat bedrohen sollen. Doch diese Wesen wurden seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen. Unsicher wie man mit der Nachricht umgehen soll, wird eine Seherin befragt, die in den Knochen liest, dass sich dreizehn Krieger dieser Gefahr stellen müssen. Buliwyf meldet sich als erster und nach ihm elf weitere Nordmänner, darunter natürlich Herger. Doch dann kehrt Stille ein, kein weiterer Mann will sich melden. Als Rollenspieler konnte ich nicht anders als zu schmunzeln. Jeder von uns kennt das: Man legt einen Plot Hook aus und alle beißen an, außer ein Spieler, der einen fragend anschaut und meint: „Also ich weiß nicht, warum mein Charakter da mitgehen sollte…“. Aber nicht mit diesem Spielleiter! Prompt verkündet die Seherin, dass der dreizehnte Krieger kein Nordmann sein dürfe.

Aus dem Schmunzeln kommt man an dieser Stelle gar nicht mehr raus. Die Helden bereiten ihren Aufbruch vor und können das erste Mal richtig miteinander interagieren. Zwei meiner besten Freunde hätten diese Szene ganz genau so ausgespielt. Der Araber stellt sich geschwollen vor als Ahmad Ibn Fadlān Ibn Al Abbas Ibn Rashid Ibn Hammad, was sich im Film (und am Spieltisch) natürlich niemand merken möchte und daher fortan als Ibn abgekürzt wird. Damit nicht genug, gibt es Häme für Ibns Arabisches Pferd, was deutlich kleiner ist als seine nördlichen Cousins und daher mit einem Hund verglichen wird. Ich sehe es genau vor mir, wie Ibns Spieler wild gestikulierend darauf aufmerksam macht, dass seine Stute aber laut Regeln viel schneller und wendiger ist als die Pferde seiner Kameraden, und wie ihn dabei jeder am Tisch ignoriert und weiter mit seinem neuen Spitznamen und lautem „Wuff wuff!“ aufzieht. (Der Spielleiter schenkt ihm als Ausgleich später eine Szene in der Ibn mit seinem Pferd aus vollem Galopp über einen seiner Weggefährten springt und dieser mit dem Gesicht zuerst im Matsch der Straße landet).

Die Reise in den Norden wird dann in Form einer Montage gezeigt. Dabei sehen wir einen der berühmtesten Ausschnitte des Films, in dem Ibn, nur durch Zuhören, die Sprache der Nordmänner lernt. Man sieht Szenen am Lagerfeuer in denen sich seine Begleiter unterhalten und der Araber nach und nach aus dem Kontext einzelne Begriffe lernt. So werden immer mehr Worte, des zunächst unverständlichen Gemurmels seiner Begleiter, durch für den Zuschauer verständliche Sprache ersetzt. Ich finde diese Szene brillant, weil sie die Sprachbarriere nicht einfach ignoriert, sondern sie benutzt, um uns etwas über Ibn zu lehren: er ist extrem intelligent und ein Meister der Beobachtung. Und er ist mutig und stolz! Als seine Mutter beleidigt wird (ich kann gar nicht genug betonen wie sehr mich das an meinen alten Spieltisch zurückversetzt), zögert er nicht, dem körperlich deutlich überlegenen Nordmann Einhalt zu gebieten. Die Diskussion, ob das alles nun realistisch ist, überlasse ich dabei gerne anderen. Ich finde, wenigstens wird hier eine Erklärung geliefert und nachdem Ibn sich die ersten Ansätze der Sprache durch zuhören mühsam erschlossen hat, werden ihm seine Mitreisenden sicher etwas geholfen haben, auch den Rest zu lernen.

Ausblick

Wie lange die Gruppe unterwegs ist, wird im Film nicht genau verraten. Nach der Reise zu Pferd und einer stürmischen Überfahrt, sehen wir jedoch, wie sich ihr Drachenboot langsam, durch dichten Nebel, der Küste des Nordlands nähert. „Der 13. Krieger“ erzeugt, mit wohl gewählten Bildern und einem brillanten Sound-Design, eine einzigartige Stimmung die mich damals wie heute fesselt. Was die Helden im nebelig-feuchten Norden erwartet, gibt es dann im zweiten Teil der Artikelserie zu lesen.

Aus Rollenspielsicht habe ich drei Charaktere identifiziert, die ich als Spielercharaktere ansehen würde. Seid ihr mit meiner Auswahl einverstanden oder seht ihr jemand anderen als wichtiger für die Geschichte an? Die anderen Nordmänner bleiben schließlich bei weitem nicht farblos, sondern werden ihrerseits im Verlauf des Films mehr oder weniger detailliert dargestellt. Und welchen der Krieger hättet ihr selbst an den hypothetischen Spieltisch für dieses Abenteuer mitgebracht? Ich freue mich auf eure Kommentare!

Bis dahin, viele Grüße

Michael / featherandsword


Disclaimer: Titelbild und alle weiteren verwendeten Abbildungen © Concorde Home Entertainment. „Der 13te Krieger. USA, 1999.“